Depression


  1. Begriffe
  2. Symptome und Einteilungen
    1. 2.1. Winterdepression / saisonale Depression
  3. Ursachen
  4. Innerseelische Prozesse
    1. 4.1. Zugehörigkeit und Selbstbestimmung
    2. 4.2. Rollenspiele
      1. 4.2.1. Der untere Weg
      2. 4.2.2. Der narzisstische Zusammenbruch
    3. 4.3. Denkmuster
    4. 4.4. Psychodynamik saisonaler Depressionen
    5. 4.5. Identität und Identifikation
    6. 4.6. Sinn und Leid
  5. Lösungsstrategien
    1. 5.1. Psychotherapie
    2. 5.2. Medikamentöse Behandlung
    3. 5.3. Selbsthilfe
Selbstmord ist Flucht in ein radikales Versteck.

Denken Sie an Selbstmord? Dann sollten Sie Kontakt zu jemandem aufnehmen, mit dem Sie über Auswege sprechen können.


Jeder akut suizidale Patient sollte sich in stationäre Behandlung begeben.

1. Begriffe

Der Begriff deprimiert geht auf lateinisch deprimere = niederdrücken zurück. Depression (französisch dépression = Senkung) bezeichnet ein Stimmungstief. Früher wurden Depressionen in endogene, exogene, organische, reaktive und neurotische Formen eingeteilt.

All diese Begriffe sind nicht aus der Welt. Da man im konkreten Fall aber darüber streiten kann, welche Faktoren ausschlag­gebend sind, unterteilt man Depressionen heute eher nach Verlauf, Erschein­ungsbild und Schweregrad. Annahmen über die Auslöser stellt man zurück. Nur wenn die Zusammenhänge deutlich sind, spricht man mit der Diagnose eine Vermutung über die Ursache aus. So wird die reaktive Depression oft als Anpassungsstörung mit depressiver Symp­tomatik bezeichnet.

Synthym

Als synthym (griechisch syn [συν] = mit und thymos [θυμος] = Stimmung, Lebenskraft) bezeichnet man Symptome, deren begrifflicher Inhalt zur Stimmung passt: düstere Wahnideen oder ent­sprechende Halluzinationen. Synthymer Wahn kommt eher bei Depressionen vor. Synthym heißt: mit der Stimmung bzw. stimmungskongruent (lateinisch congruere = zusammentreffen).

Parathymer Wahn ist eher Symptom einer Schizophrenie. Der Patient ist heiter oder läppisch und sagt: Morgen werde ich sterben. Parathym heißt: neben der Stimmung bzw. stimmungsinkongruent.

2. Symptome und Einteilungen

Depressivität umfasst ein breites Spektrum von Erlebnisweisen. Ohne klare Grenze reicht es von schwer depressiv mit wahnhaft verzerr­tem Selbstempfinden bis hin zu dauernd unzufrieden. Was als depres­siv empfunden wird, unterscheidet sich von Person zu Person; ebenso wann, worauf und wie jemand depressiv reagiert. Denn das Bild einer Depression wird nicht nur durch das Kernsymptom bestimmt, sondern auch durch die Art, wie das Individuum mit dem Kernsymptom umgeht.

Das Kernsymptom der Depression ist das...

Ist das Potenzial niedergedrückt, entspricht das einer klassischen Depression. Ist es er­schöpft, handelt es sich um ein Burn-out-Syndrom, das auch als Erschöpfungsdepres­sion bezeichnet werden kann. Überfordernd kann in scheinbar paradoxer Weise auch eine Unterforderung sein. Dann kann Depression Folge chronischer Langeweile sein. Man spricht von einem Bore-out-Syndrom.

Depressive Pseudodemenz

Das Gefühl, überfordert zu sein, bleibt nicht nur Gefühl. Je schwerer die Depression, desto mehr wird es zur Tatsache. Nicht selten mündet es in mehr oder weniger ausgeprägte Zustände einer sogenannten depressiven Pseudodemenz ein. Pseudodemenz heißt: Es tauchen Symptome auf, die kognitiven Defiziten einer Demenz entsprechen, ohne dass organische Faktoren vorlägen, die die Diagnose einer echten Demenz rechtfertigten. Dazu gehören:

Löst sich die Depression auf, verschwinden auch die pseudodementen Defizite; es sei denn, es war umgekehrt und die Depression war Vorbote einer echten Demenz.

Begleitsymptome der Depression werden auch Sekundärsymptome genannt. Zu den häufigsten zählen:

Bei schweren Depressionen kann es zusätzlich zu folgenden Symptomen kommen:

Keines der genannten Sekundärsymptome ist jedoch so unentbehrlich, als dass es bei einer Depression nicht fehlen dürfte. So schlafen manche Depressive bestens, die meis­ten denken zum Glück nicht an Selbstmord und etliche sind nicht einmal bedrückter Stimmung. Stattdessen fühlen sie sich von immer neuen körperlichen Symptomen beeinträchtigt und haben so eine Erklärung dafür, warum sie dem Leben nicht tatkräftig gegenüberstehen.

Die somatisierte bzw. larvierte Depression kann diagnostisch kaum von einer somatoformen Störung unterschieden werden.
Die larvierte Depression
Der Begriff larviert geht auf lateinisch larvatus = versteckt, verkappt zurück. Unter einer larvierten Depression versteht man ein Krankheitsbild, das eigentlich den Depressionen zuzuordnen ist, bei dem aber die depressiven Hauptsymptome entweder gar nicht auftreten oder hinter körperlichen Beschwerden zurücktreten.

Die larvierte Depression wird auch als somatisierte Depression bezeichnet. Somatisiert heißt: Die Depressivität drückt sich durch leibnahe Symptome aus (griechisch soma [σωμα] = Leib). Oft sucht der Patient verschiedene Ärzte auf, die zunächst symptomatisch behandeln... ohne die Symptome dadurch zu beseitigen. Erst ein Antidepressivum oder eine Psychotherapie schaffen Linderung.


Schmerz und Depression
Zwischen Schmerz und Depression bestehen enge Beziehungen. Zum einen führt chronischer Schmerz oft zur Depression. Das gilt sowohl für Schmerzen organischen Ursprungs als auch für solche im Rahmen eines somatoformen Schmerzsyndroms. Hier ist die Depression Folgeerscheinung des Schmerzes.

Zum anderen gehen viele Depressionen mit einer gesteigerten Empfindlichkeit für Schmerzerleb­nisse einher. Daher werden sie von Rücken-, Kopf-, Glieder-, Unterleibs- oder Magenschmerzen begleitet. Manchmal drückt sich die Depression ausschließlich als Schmerz aus. Hier ist der Schmerz Folgeerscheinung der Depression.

Beide Arten sind durch die Reihenfolge, in der die Symptome auftreten, zu unterscheiden.

Die Internationale Klassifikation der Krankheiten teilt Depressionen in vier Schwere­grade ein:

Schweregrade der Depression gemäß ICD-10

Ausprägung ICD Kennzeichen
Leichte Episode F32.0 Zwei bis drei der oben genannten Symptome. Der Patient kann seine Alltagsaktivitäten noch aufrechterhalten.
Mittelgradige Episode F32.1 Mindestens vier Symptome. Der Patient hat große Mühe, seine Aktivitäten aufrecht zu erhalten.
Schwere Episode ohne psychotische Symptome F32.2 Mehr als vier Symptome. Der Vollzug der Aktivitäten ist schwer beeinträchtigt.
Schwere Episode mit psychotischen Symptomen F32.3 Zusätzlich Halluzinationen und Wahnideen. Der sinnvolle Vollzug der Aktivitäten ist meist unmöglich.

Treten Depressionen wiederholt auf, gilt die gleiche Einteilung unter der Bezeichnung Rezidivierende Depressionen (F33.0 bis F33.3).

Darüber hinaus beschreibt die ICD-10 zwei weitere Zustandsbilder des depressiven Formenkreises: als Anhaltende affektive Störungen.

Anhaltende affektive Störungen gemäß ICD-10

Name ICD Kennzeichen
Zyklothymie
Zykloide bzw. zyklothyme Persönlichkeit
F34.0 Es bestehen meist über Jahre hinweg Stimmungs­schwankungen mit Depressionen und Phasen leicht gehobener Stimmungslage (Hypomanien), ohne dass die Kriterien einer Bipolaren Störung erfüllt wären.
Dysthymie
Depressive Neurose
Neurotische Depression
F34.1 Chronisch anhaltend fluktuierende (lateinisch fluctuare = wogen, schwanken) depressive Verstimmung mit ständig unterschiedlicher Ausprägungstiefe, ohne dass man von rezidivierenden Depressionen sprechen könnte.

In der Praxis sind anhaltende affektive Störungen sowie leichte bipolare Störungen bzw. leichte rezidivierende Depressionen oft nur unscharf voneinander zu unterscheiden.

2.1. Winterdepression / saisonale Depression

Viele kennen das: Wenn es draußen kalt und dunkel wird, reicht ein Blick aus dem Fenster um die Stimmung zu trüben. Eigentlich ist diese Dämpfung bereits ein Stückchen Depression. Ein Bedrücktsein, das vom Novemberwetter ausgeht, ist für viele spürbar. Für die meisten ist es zu verkraften. Bei anderen ist das Ausmaß derart ausgeprägt, dass man von einer saisonalen Depression spricht. In der ICD-10 wird sie als andere rezidivierende affektive Störung (F38.11) kodiert.

3. Ursachen

Eigentlich ist Depression ebenso wenig eine Krankheit wie Fieber. Wie Fieber ist sie ein Symptom, das durch verschiedene Ursachen hervorgerufen werden kann.

Die Depression ist keine Krankheit mit einer Ursache. Meist kommen mehrere Faktoren zusammen:

  1. Anlagebedingte und genetische Faktoren
    • Zwillingsstudien belegen, dass genetische Faktoren über das Risiko, an Depressionen zu erkranken, mitentscheiden. Der genetisch bedingte Anteil ist vermutlich bei der Bipolaren Störung am größten. Dabei kommt es nicht nur zu depressiven Phasen, sondern auch zu Manien.
  2. Soziale Umweltbedingungen
    • Wer in einem förderlichen sozialen Umfeld lebt, hat es leichter, seine Bedürfnisse zu erfüllen.
    • Einsamkeit ist ein erheblicher Risikofaktor, weil ein unerfülltes Bedürfnis nach Zugehörigkeit autonome Impulse entmutigt. So wie man gemeinsam stark ist und sich was traut, wird man auf sich allein gestellt zaghaft und schreckt auch vor kleinen Hürden zurück.
    • Armut vermindert Möglichkeiten entweder direkt oder sie wird als Makel empfunden, der Schamgefühle und damit sozialen Rückzug auslöst.
    • Die Reduktion des Individuums zum Modul des Systems wird von vielen als Entwertung erlebt, ohne dass sie sich daranmachten, dem Mecha­nismus bewusst etwas entgegen­zusetzen.
      Berufliche Überlastungen rücken immer mehr in den Vordergrund. Eine zunehmend prozessorientierte Gesellschaftsordnung betrachtet den Einzelnen als austauschbares Leistungsmodul, das zwecks Effektivitätssteigerung ständig zu optimieren ist. Der Anpassungsdruck, dem sie alle Leistungs­erbringer unterwirft, drückt immer mehr Menschen in eine energetische Erschöpfung.
  3. Physikalische Umweltbedingungen
    • Dunkelheit führt zu einer Erhöhung des Melatoninspiegels, was als biophysikalische Ursache der saisonalen Depression gilt.
  4. Persönliche Verhaltensmuster
    • Die wichtigste Rolle bei der Entstehung von Depressionen spielt das eigene Verhalten. Wie man seine Interessen gegenüber dem Umfeld vertritt und als was man sich selbst betrachtet, ist dabei entscheidend. Positive oder negative Effekte sammeln sich über lange Strecken an. Zu den persönlichen Verhaltensmustern zählt auch der Konsum von Alkohol und Drogen.
  5. Körperliche Krankheiten und deren Behandlung
    • Im konkreten Fall können Depressionen auch durch körperliche Erkrankungen oder Medikamente verursacht werden.
  6. Biographische Katastrophen
    • Schwere Verlusterlebnisse können jeden treffen. Führen sie dazu, dass ganze Lebensentwürfe zusammenbrechen, geht für die Betroffenen das Gefühl für den Sinn ihres Lebens verloren. Depressive Krisen können folgen, die erst nach schweren inneren Kämpfen zu überwinden sind.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Viele Medikamente können depressive Verstimmungen verursachen:

Viele Ursachen der Depression ähneln den Ursachen seelischer Erkrankungen über­haupt. Spezifisch sind je nach Art der Erkrankung die innerseelischen Prozesse.

Obwohl die Einteilung der Depressionen in endogene und neurotische Formen aus der Mode gekommen ist, macht eine Gegenüberstellung viele Phänomene des depressiven Erfahrungsfeldes deutlich. Vergleicht man Depressivität mit unmelodischer Musik, erkennt man, dass sie durch zwei Faktoren verursacht werden kann:

  1. einer Verstimmtheit des Instruments
  2. einer Unstimmigkeit des Spiels

Variationen der Unstimmigkeit

Instrument Spieltechnik Resultat
Gitarre verstimmt stimmig endogene oder organische Depression
nicht stimmig endo-reaktive Depression, Überlagerung endogener, organischer und neurotischer Faktoren, schwere Ausprägung durch additive Effekte
Gitarre nicht verstimmt stimmig gesund
nicht stimmig reaktive bzw. neurotische Depression

Ist die Gitarre verstimmt, hat selbst der beste Musiker Probleme, gut zu spielen. Ihm würde womöglich ein Antidepressivum helfen, das Umstimmigkeiten im Stoffwechsel beseitigt; oder andere medizinische Maßnahmen, die organische Ursachen beheben. Spielt der Spieler lausig, bringt er selbst auf der bestgestimmten Gitarre nur Unmelodisches zustande. Ihm hilft kein Antidepressivum. Er bedarf einer besseren Abstimmung seiner Sicht- und Verhaltensweisen mit der Wirklichkeit.

Da auch eine optimal abgestimmte Gitarre ungeschickten Spielern nicht zu erfolg­reichem Spiel verhilft, wird es vermutlich niemals ein Antidepressivum geben, das alle Depressionen verlässlich beseitigt.

Kausalitätsbedürfnis
Der Mensch hat ein Kausalitätsbedürfnis. Er fühlt sich entlastet, wenn er weiß oder zu wissen glaubt, wodurch ein Missstand verursacht wird; denn wer Zusammen­hänge erkennt, ist der Lösung des Problems einen Schritt näher. Das Kausalitäts­bedürfnis führt oft zu voreiligen Schlüssen. Der Grund, den man als Ursache einer Depression vermutet, erscheint daher oft plausibel, ist aber nicht wirklich kausal; oder nur zu einem Teil.

Um tieferliegende Ursachen zu erkennen, gilt es, mit der Begründung seelischer Missstände durch äußere Ursachen zurückhaltend zu sein.

4. Innerseelische Prozesse

Man kann soziale Faktoren als entscheidende Ursache depressiver Verstimmungen deuten. Das macht Sinn, wenn man sie ändern kann. Kann man es nicht, ist es besser, bei sich selbst zu suchen.

Kernsymptom

Ich bin überfordert.

Kernproblem

Ich sehe keinen Sinn.

Depressionen können durch Stoffwechselstörungen verursacht werden, durch Gifte und Medikamente oder durch unverschuldete Überforderung. Dann spielt die Betrachtung innerseelischer Abläufe eine zweitrangige Rolle.

Die Mehrzahl der Depressionen wird aber überwiegend durch innerseelische Prozesse, individuelle Verhaltensweisen und Deutungsmuster der Wirklichkeit bestimmt. Der Begriff der neurotischen Depression ist zur Kennzeichnung solcher Verläufe weiterhin nützlich. Dabei kommt dem Zugehörigkeits-Selbstbestimmungs-Konflikt große Bedeutung zu. Ebenso wichtig für das Verständnis der Depressivität ist die Betrachtung des Wechselspiels zwischen Selbstwahrnehmung und psychologischer Rolle. Als fundamentale Weichenstellung ist die Identifikation mit der Person erkennbar. Damit ist das tiefenpsychologische Kernproblem der Depressivität verbunden: Der Depressive sieht keinen Sinn in dem was er tut.

4.1. Zugehörigkeit und Selbstbestimmung

Bei der Angst gerät das Bedürfnis nach Autonomie mit dem nach Zugehörigkeit aneinander. Bei der neurotischen Depression wird der Impuls zur Autonomie dagegen abgeschaltet. Resultat ist das Kernsymptome der Depression: das Gefühl, dem Alltag ohnmächtig und ohne Lebenskraft gegenüberzustehen. Dementsprechend hat der Depressive keinen Antrieb. Alles erscheint ihm wie ein Berg, selbst Belangloses kann er nicht mehr entscheiden. Er empfindet Schwermut und Trauer, als habe er mit dem Impuls zur Selbständigkeit das Leben selbst verloren; was in gewissem Maße durchaus stimmt, denn der Impuls zur Autonomie gegenüber dem Umfeld ist der ursprüngliche Impuls des Lebens.

Anlass, den Impuls zur Autonomie abzuschalten, sind meist chronische Beziehungsstörungen. Der neurotisch Depressive wagt es nicht, autonome Bedürfnisse gegenüber Bezugsper­sonen zu vertreten. Zu sehr fürchtet er, sich durch selbständige Entscheidungen die Sympathien anderer zu verscherzen. Um die Angst vor Rivalität und dem Verlust der Geborgenheit zu bannen, blendet er das gefürchtete Bedürfnis nach Selbst­bestimmung aus.

Statt der Angst jedoch entronnen zu sein, holt sie ihn wieder ein. Mit dem Impuls zur Selbstbestimmung hat der Kranke die Gefahr, anderen zu widersprechen, zwar gebannt, durch den Verzicht auf eigenständige Handlungsmacht kann er nun aber selbst banale Anforderungen des Alltags nicht mehr erfüllen. Das erzeugt Schuld- und Schamgefühle und eine ängstliche Getriebenheit, die ihm jede Ruhe raubt; weil der Kranke nun erst recht den Verlust seiner Zugehörigkeit befürchten muss. Da er nicht mehr in der Lage ist, die Erwartungen des Umfelds zu erfüllen, droht ihn der Missmut anderer erneut zu treffen. Duckt sich der Kranke noch mehr, macht er sich vor dem Leben noch kleiner, schließt sich der Teufels­kreis... und treibt ihn womöglich bis in den Wahn...

4.2. Rollenspiele

Die menschliche Existenz findet auf zwei Ebenen statt.

  1. als soziales Rollenspiel
  2. als unverfälschtes Ich-selber-sein
Nur wer sich selbst wahrnimmt, kann selbstbewusst sein.

Beide Ebenen sind eng mit den Themen Selbstbestimmung und Zugehörigkeit verwoben. Ob man depressiv wird oder nicht, hängt in großem Maße davon ab, ob man sich selbst wahrnimmt, oder ob man sich selbst durch ein überwertiges Rollenspiel aus den Augen verliert.

Rollenspiele sind sehr variabel. Trotzdem kann man zwei typische Muster beschreiben, die gehäuft depressive Erkrankungen nach sich ziehen:

  1. der untere Weg
  2. das gestrauchelte Größenselbst oder der narzisstische Zusammenbruch

Die Betrachtung beider Muster vertieft das Verständnis der oben beschriebenen Psychodynamik.

4.2.1. Der untere Weg
Wendung der Aggression
Der Depressive wendet seine Aggression nicht nach außen; um dort Gewünschtes zu ergreifen oder Schädliches zurückzuweisen. Er wendet seine Aggression gegen das eigene Selbst; um Impulse zu entkräften, vor denen er sich fürchtet. Die nach innen gerichtete Aggression drückt eigene Impulse nieder. Daher das Wort Depression.

Der Mensch fürchtet sich davor, auf sich selbst gestellt zu sein. Bei vielen ist die Angst davor so groß, dass ihnen die Bestätigung durch andere und deren Sympathie über alles geht. Solche Menschen kümmern sich kaum um das, was sie tatsächlich sind und wollen. Stattdessen übergehen sie eigene Wünsche und halten nach jedem Hinweis Ausschau, wie sie sich verhalten sollten, damit ihr Verhalten passend ist. Sie machen ständig Kompromisse. Sie geben immer nach. Sie schlucken jeden Ärger. Wenn überhaupt ballen sie die Faust nur in der Tasche.

Wenn der Drang zur Selbstbestimmung auf Dauer am Ausdruck gehindert wird, staut sich ungelebte Aggression, die von dem, der den unteren Weg geht, gegen sich selbst gewendet wird. Das ängstliche Ego sagt voller Wut zum Selbst: Du bist daran schuld, wenn die Welt sich gegen uns wendet. Geh weg, ich will dich nicht haben. Wenn das Selbst den Versuch zur Selbstbehauptung schließlich aufgibt, verfällt das Ego aus der Bereitschaft, sich selbstverleugnend anzupassen, in eine manifeste Depression.

4.2.2. Der narzisstische Zusammenbruch
Auch hinter dem Größenselbst des Narzissten steckt der Wunsch nach Zugehörigkeit. Er glaubt, sich auf Zugehörigkeit nur einlassen zu können, wenn er seine Selbstbestimmung durch Überlegenheit absichert. Geht seine Überlegenheit verloren, zieht er sich wie ein verwundeter Platzhirsch aus der Gemeinschaft zurück.

Nicht jeder, den die Depression am Kragen packt, ging vorher den unteren Weg. So mancher tat das Gegenteil. Statt sich wertschätzend wahrzunehmen, wie er tatsächlich ist, verliebt sich der Überflieger in ein sogenanntes Größenselbst.

So hat es die Psychoanalyse genannt. Tatsächlich ist das Größenselbst aber kein Selbst, sondern bloß ein Bild davon. Das wirkliche Selbst ist weder groß noch klein. Es ist einfach nur es selbst. Beim Größenselbst handelt es sich um ein prachtvoll ausgeschmücktes Selbstbild, das der Narzisst beharrlich mit dem wahren Selbst verwechselt.

Solange es dem Narzissten gelingt, auf der Bühne des Lebens die Rolle zu spielen, die seinem Selbstbild nahekommt, ist er guter Dinge. Meist gehören zum glänzenden Selbstbild Symbole sozialen Erfolgs. Der Überflieger ist tüchtig. Im Beruf ist er ehrgeizig. Er arbeitet hart, steckt sich hohe Ziele. Er hat eine schicke Freundin, fährt das passende Auto, macht tolle Urlaube, kleidet sich gut und fühlt sich um seinen Rang beneidet.

Wenn das Leben bloß nicht so einfallsreich wäre und das Streben nach äußerem Erfolg nicht so viel Kraft kosten würde... Das Leben ist aber einfallsreich und Leistungsdruck zehrt aus. Daher stürzt fast jeder Erfolgsverwöhnte irgendwann einmal ab. Der Chef hat einen neuen Kronprinzen. Die Partnerin geht fremd. Die Bank verweigert Kredite. Der SUV muss verkauft werden. Die Zuversicht stürzt in einen Abgrund, der dem gestrauchelten Sieger als blankes Nichts erscheint; weil er sich nie mit der Frage beschäftigt hat, was die Leere in seiner eigenen Tiefe enthält.

4.3. Denkmuster

Bei Depressionen sind typische Verzerrungen des Denkens erkennbar. Affekt und Denken des Depressiven verbinden sich zu einem Wahrnehmungs- und Deutungs­muster, bei dem sich der schwermütige Affekt und pessimistische Denkinhalte wech­selseitig aufschaukeln. Dabei spielt selektive Wahrnehmung eine Rolle, aber auch die Neigung, Wahrgenommenes durch voreilige Schlussfol­gerungen nachteilig zu interpre­tieren. Derartige geistige Filter färben selbst die Wahl erinnerter Inhalte ein.

4.4. Psychodynamik saisonaler Depressionen

Man kann sich mit der biologischen Hypothese zur Entstehung der Winterdepression begnügen. Sie besagt, dass es durch Lichtmangel im Winter zu einer vermehrten Melatoninsynthese kommt, was den Serotoninspiegel absenkt. Folge sei eine Störung der Signalübertragung zwischen den Hirnzellen, was seinerseits zur Depression führe. Es kann sein, dass diese These stimmt.

Da der Mensch aber nicht nur biochemisch und physikalisch mit dem Umfeld verwoben ist, sondern auch psychosozial, kann eine ergänzende Betrachtungsebene erwogen werden. Sie hat mit dem unteren Weg zu tun, den viele gehen, um ihre Zugehörigkeit zu sichern. Man kann fragen:

Warum hat es die Evolution so eingerichtet, dass der Novemberhimmel den Eifer zur individuellen Selbstbestimmung dämpft?

Obwohl die Macht des Winters über unser Leben heute geringer ist, steckt uns das Erbe der Steinzeit in den Genen.

Zur Lage des Steinzeitmenschen bei Schneefall

Das Leben unserer Vorfahren hing noch mehr als das unsere vom Wetter ab. Der Zusammenhalt der Gruppe war im Winter noch wichtiger als im Sommer. Weder für den Einzelnen noch für die Gruppe als Ganzes konnte es sinnvoll sein, Konflikte auszutragen, wenn die frostkalte Hand des Todes von draußen in die Höhle griff.

Bei unserem Verwandten im Wald, dem Hirsch, ist es nicht anders. Auch bei ihm hat die Weisheit der Natur eine biophysikalische Kopplung eingerichtet, die dafür sorgt, dass die Konfliktbereitschaft der Hirsche im Winter zum Erliegen kommt. Die Brunft findet im Altweibersommer statt, aber nicht nach Allerheiligen.

Die Absenkung des Serotoninspiegels durch Dunkelheit bot einen Selektions­vorteil. Mit weniger Serotonin zwischen den Synapsen fiel es leichter, sich der Gruppe und ihrem Führer zu beugen. Die Gefahr nahm ab, wegen mangelnder Anpassungsbereit­schaft aus der Höhle verstoßen zu werden.

Wohlgemerkt

Die biologische Psychiatrie stellt psychodyna­mische Erklärungen depressiver Entwicklungen infrage; nicht selten völlig zu Recht. Man kann auch depressiv werden, weil die Neurotrans­mitter aus dem Gleichgewicht geraten, ungeachtet dessen, ob man vom Frühling, dem Winter oder sonstigen Ereignissen unter Druck gesetzt wird. Die Transmitterstörung überzeugt als Erklärung der Depressionen aber auch nicht immer. Allzu oft sind Medikamente, die darauf Einfluss nehmen, wirkungslos... und schließlich ist zu fragen, was die Transmitter überhaupt aus dem Gleichgewicht bringt. Vermutlich spielen biologische Vorgabe und psychischer Umgang meist ineinander.

Neben dem psychosozialen Effekt - der Dämpfung zwischenmenschlicher Konflikte - hat der depressive Antriebsmangel im Winter weitere Vorteile. Wenn draußen nicht viel mehr zu tun ist, als sich die Zehen blau zu frieren oder auf Nimmerwiedersehen in Gletscherspalten zu verschwinden, fällt es ohne Antrieb leichter, in der sicheren Höhle zu bleiben. Bei karger Kost spart man zudem knappe Energie.

Gefährliche Verlockung

Die Winterdepression ist nicht die einzige Form einer saisonal rezidivierenden affektiven Störung. Wenn sie auch seltener ist: Es gibt eine Frühjahrs­depression, die als jahreszeitlich wiederkehrende Abweichung der Gefühls­lage auftreten kann.

Das Frühjahr fordert zu Tatendrang und Lebenslust heraus. Überall turteln verliebte Pärchen. Alle Welt ist tatsächlich oder scheinbar auf dem Weg ins Glück. Der Frühjahrsdepressive hat aber wenig Selbstvertrauen. Er fühlt sich dazu aufgefordert, an etwas teilzuhaben, das er nicht erreichen kann.

Weibliche Reize, die im Winter ummäntelt sind, treten im Frühling offen zu Tage. Wer keine Hoffnung hat, da heranzukommen, den kann der Anblick leicht beschürzter Frauenleiber zur Verzweiflung bringen. Frauen, die am eigenen Liebreiz zweifeln, werden ihrerseits eingeschüchtert, wenn das Wetter die Vorzüge glücklicher Konkurrentinnen wie nackte Blumen auf dem Feld zur Schau stellt.

Der Vergleich mit dem Glück der anderen legt Selbstwertzweifel bloß und drückt die Zweifelnden nieder.

4.5. Identität und Identifikation

Um Depressivität grundsätzlicher zu verstehen und die Gefahr, dass sie auftritt, weit­gehend zu bannen, lohnt ein Blick zur Grundfrage der menschlichen Existenz. Sie lautet: Wer oder was bin ich?

Im normalen Funktionsmodus des Alltagsbewusstseins glauben wir, diese Frage sei ebenso leicht wie eindeutig zu beantworten. Wir sagen: Ich bin der eine besondere Körper und die eine besondere Person, die im Gewand dieses Körpers mit anderen Personen in Verbindung tritt. Wir iden­tifizieren uns mit dem Leib und dem relativen Selbst, das wir als Insassen des Leibes vermuten.

Eine endogen, toxisch oder organisch verursachte Depression oder eine depressive Krise, die einem katastrophalen Verlusterlebnis folgt, wird vom Erkrankten jenseits der Identifikation mit der Person anders erlebt und gedeutet als diesseits.

Zum derart entstandenen Selbstbild gehört die Hypothese, dass zwi­schen dem Selbst und der Welt eine Lücke klafft; sodass Zugehörigkeit nicht unverlierbar gegeben ist, sondern erworben und durch immer neue Zugeständnisse gesichert werden muss. Da die Grundlage neurotischer Depressivität auf der Furcht beruht, Zugehörigkeit zu verlieren oder auf dem Glauben, dass sie bereits verloren ist, ist eine psychogen verursachte Depression ohne die Hypothese vom separaten Ego in fremder Welt nicht möglich.

Tatsächlich hat die Person aber keine separate Identität, sondern ist Ausdruck des­selben Selbst, das das Selbst einer jeden Erscheinung ist. Sobald der Mensch erkennt, dass dem so ist, kann er einen grundsätzlichen Verlust seiner Zugehörigkeit nicht mehr fürchten.

Leid wird als sinnvoll empfunden, wenn es dem Erreichen eines anerkannten Zieles dient.
4.6. Sinn und Leid

Persönliches Leben heißt leiden. Überall trifft die Person auf Grenzen. Ständig ist ihr Wohlbefinden in Gefahr, sodass sie sich bemühen muss, weiteres Unheil abzuwenden. Eigentlich könnten wir alle depressiv sein. Wir sind es aber nicht, weil wir daran glauben, dass unser Leiden Sinn macht. Obwohl persönliches Leben meist Mühe und Leid bedeutet, bleiben wir bei guter Laune, weil wir daran glauben, dass es auf etwas Erfreuliches zusteuert:

Auch der Depressive trifft auf Grenzen. Auch er muss sich bemühen, Unheil abzuwenden. Im Gegensatz zum Gutgelaunten glaubt er aber nicht daran, dass das Leben mit der Mühe Sinn macht. Das kann zwei Auslöser haben:

  1. Überlastung
  2. Entlastung

Bei der Überlastung geht der Depressive davon aus, dass ihm die Kraft fehlt, erfreuliche Ziele zu erreichen.

Bei der Entlastung wird ein Ziel erreicht, ohne dass ein neues definiert werden kann.

Der Depressive hat entweder kein Ziel mehr, an dessen Erreichbarkeit oder er hat kein Ziel mehr, an dessen Wert er glaubt. Depressiv wird, wer glaubt, dass er kein sinnvolles Leben mehr führen kann.

5. Lösungsstrategien

Je nach Ausprägung einer Depression, Persönlichkeit des Patienten, dessen Alter und den Bedingungen des Umfelds, in dem er lebt, kommen unterschiedliche Maßnahmen in Frage. Man kann sie als passive oder aktive Ansätze klassifizieren.

Bei schweren Depressionen ist eine stationäre Behandlung notwendig. Bei akuter Selbstmordgefährdung ist sie sogar unumgänglich. Da ein schwer depressiver Patient nicht in der Lage ist, sein Verhalten zielorientiert zu überdenken, kann er aus eigener Kraft zunächst kaum etwas zu seiner Gesundung beitragen. Hier ist eine Behandlung mit Antidepressiva erste Wahl. Erst später ist auch an Psychotherapie zu denken.

Bei mittelgradigen Depressionen hat man von Anfang an die Wahl. Je nachdem, welche Hilfe der Patient erwartet, kann man sich zwischen beiden Möglichkeiten entscheiden. Oder man kombiniert sie.

Bei leichten Depressionen wird man mit dem Einsatz von Medikamenten zögerlich sein. Gerade hier liegt der Einsatz aktiver Maßnahmen am nächsten.

Hürden

Viele Umstände erschweren die Heilung von Depressionen. Man kann sie in drei Gruppen einteilen:

Störfaktoren auf dem Weg zur Gesundheit
Biographisch Sozial Biologisch
Kindheits­traumata Familiäre Konflikte
Beziehungs­konflikte
Nachbar­schafts­konflikte
Zusätzliche körperliche Krankheiten
Probleme in der Schulzeit Schlechtes Arbeitsklima
Berufliche Über­forderung
Unverträg­lichkeit von Anti­depressiva
Niedriger Bildungs­stand Niedriger sozialer Status
Arbeits­losigkeit
Genetische Besonder­heiten
Frühes Auftreten seelischer Probleme Ent­wurzelung
Migrations­hintergrund
Organisch bedingte kognitive Einschrän­kungen
Sucht­entwicklung Fehlende soziale Bindungen Schicht­wechsel
Frühe Verlust­erlebnisse Weltanschau­liche Starre des kulturellen Umfelds

Neben den oben genannten Hürden können auch physikalische Störfaktoren (z.B. Verkehrslärm, ständiger Aufenthalt in lichtarmer Umgebung) eine große Rolle spielen. Schichtwechsel könnte auch als sozialer Störfaktor eingruppiert werden. Da seine eigentlich problematische Wirkung aber durch die Störung biologischer Rhythmen verursacht wird, wird er hier als biologischer Störfaktor genannt.

5.1. Psychotherapie

Verhaltenstherapeutische oder tiefenpsychologische Ansätze sind bei Depressionen gleichermaßen geeignet.

Verhaltenstherapie

Wie kann ich effektiv handeln? Wie erreiche ich, was ich will?


Tiefenpsychologie

Was läuft in meinem Inneren ab? Was ent­spricht mir eigentlich?

Bei der Verhaltenstherapie entwerfen Therapeut und Patient gemeinsam einen Plan, wie die Anforderungen des Alltags zu bewältigen sind. Herausgefordert durch die Erwartungen des Therapeuten und ermutigt durch dessen Zuspruch, macht sich der Patient daran, den Plan zu erfüllen. Mit zunehmendem Erfolg schwächen sich seine Gefühle der Schuld und des Ungenügens ab. Der Mut zur autonomen Selbstbestimmung springt an. Er glaubt wieder daran, sinnvolle Ziele erreichen zu können.

Bei der Tiefenpsychologischen Therapie führt der Therapeut den Patienten durch Fragen, Deutungen und Hinweise zu einem verbesserten Einblick in die Psychodynamik des Problems. Der Patient erkennt, dass er kein Opfer rätselhafter Mächte ist, die ihn wahllos ins Elend pressen, sondern dass seine Probleme Folgen bestimmter Ängste und Vermeidungsstrategien sind, über die er vielmehr selbst bestimmen kann, als er bisher dachte. Daher fasst er neuen Mut, sich den Widrigkeiten des Daseins mit ganzer Kraft zu stellen.

5.2. Medikamentöse Behandlung

Depression und Vitamin D

StudienZ.B.: Kjægaard et al.: Effect of Vitamin D supplement on depression scores, British Journal of Psychiatry. belegen, dass der Vitamin-D-Spiegel im Serum depressiv Erkrankter erniedrigt ist. Die Hoffnung, Depress­ionen durch Vitamin-D-Gabe zu heilen, hat sich nicht erfüllt. Vermutlich ist Vitamin-D-Mangel keine Ursache der Depression, sondern deren Folge: durch verminderte Aktivitäten im Freien wegen sozialem Rückzug und Antriebsstörung.


Bei Dunkelheit produziert der Körper mehr Melatonin. Melatonin ist ein Hormon, das schlaffördernd wirkt. Ein Zuviel davon kann aber auch schwermütig machen. Lichttherapie setzt hier an. Setzt man sich einer starken Lichtquelle aus (2000-10000 Lux), wird Melatonin abgebaut. Der biologische Zeitrhythmus des Körpers normalisiert sich. Man wird munter und tatkräftig.

Bei der Pharmakotherapie der Depression kommen zu allererst Antidepres­siva zum Einsatz. Kommt es bei einer schweren Depression zusätzlich zu psychotischen Symptomen - einem Verschuldungswahn, einem Verarm­ungswahn oder auch zu Stimmenhören - ist der Einsatz von Neuroleptika sinnvoll. Symptomatisch können bei starker Unruhe, Ängsten oder ausgeprägten Schlafstörungen Tranquilizer oder Schlafmittel verordnet werden. Bei wiederkehrenden Depressionen und solchen, die sich mit Manien abwechseln, sind Stimmungsstabilisatoren erforderlich.

5.3. Selbsthilfe

Ist eine Depression nicht so ausgeprägt, dass sie den Patienten lähmt, kann er selbst einiges dazu beitragen, depressive Symptome zu beseitigen und neuen vorzubeugen.

Symptom und Selbsthilfe

Meist wird die Depression als sinnloses Übel betrachtet, dessen Symptome man unbesehen beseitigen sollte, damit man im Leben weitermachen kann, wie bisher. Was aber, wenn man die depressive Verstimmung ihrerseits als Selbsthilfe auffasst? Als eine Selbsthilfe, durch die Psyche versucht, Fehl­entwicklungen zu korrigieren? Dann könnte man der Depression achtsam entgegengehen und auf ihre Botschaft hören.

Ist es nicht so, dass es dem Depressiven schwerfällt, komplexe Aufgaben zu bewältigen? Was, wenn die Pseudodemenz, die darin anklingt, nicht nur Mangel ist, sondern Rückruf? Ein Ruf, der darauf drängt, sich nicht in immer komplizierte Konstrukte zu versteigen, um mehr im Leben zu gewinnen. Ein Ruf, der zur Einfachheit zurückwill, dorthin, wo der Wert des Lebens als Geschenk verankert ist.

Das Leben einfach zu gestalten, Kompliziertes zu vermeiden, das sind Mittel, die verhindern, dass der Geist durch Kompliziertes von seinem wahren Wesen abgebracht wird.

Da Depressionen meist das Resultat chronischen Fehlverhaltens sind, lohnt es sich für jeden, der depressive Verhaltensmuster praktiziert, seine Muster zu überdenken. Falls der Test bei Ihnen deutlich positive Werte zeigt, könnten die Anregungen des Testergebnisses nützlich sein.