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Alle Informationen dieser Seite und ihrer Unterseiten sind unvollständig.

Die Beachtung aller beschriebenen Regeln und Gefahren schließt keinesfalls aus, dass es im Umgang mit Psychopharmaka zu Gesundheitsschäden kommen kann.

Das betrifft die Einnahme der Medikamente ebenso wie den Verzicht darauf.

Treffen Sie Entscheidungen über den Umgang mit Psychopharmaka ausschließlich in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt.


Psychopharmaka sind Mittel der zweiten Wahl. Sie kommen zum Einsatz, wenn andere Methoden keinen Erfolg versprechen oder nicht durchführbar sind.

Wenn der Kranke von seinen Begrenzungen und Symptomen so beherrscht wird, dass er zur Behebung des Leidens nicht selbstbestimmt handeln kann, gehören Psychopharmaka zu den Mitteln der ersten Wahl.

Psychopharmaka


  1. Übersicht
  2. Grundsätze der Behandlung mit Psychopharmaka
    1. 2.1. Untersuchungen
    2. 2.2. Dosierung
    3. 2.3. Dauer der Behandlung
    4. 2.4. Wechselwirkungen
    5. 2.5. Einnahmezeitpunkte
  3. Substanzgruppen und ihre Anwendung
    1. 3.1. Nebenwirkungen
      1. 3.1.1. Metabolische Risiken (Metabolisches Syndrom)
      2. 3.1.2. Anticholinerge Nebenwirkungen
  4. Schwangerschaft und Stillzeit
  5. Verkehrstauglichkeit / Umgang mit gefährlichen Maschinen
  6. Vergiftungsfälle

1. Übersicht

Medikamente spielen bei der Behandlung seelischer Erkrankungen eine wich­tige Rolle; vor allem dort, wo ein organischer, also körperlicher Faktor bei der Symptomgestaltung überwiegt. Dazu gehören auch sogenannte endogene Faktoren, also Störungen der Informationsübertragung zwischen den Nervenzellen durch Neurotransmitter. Haupteinsatzgebiet der Psycho­pharmaka ist die Behandlung...

Bei den Psychosen kommen vor allem Neuroleptika zum Einsatz. Zu nennen sind Substanzen wie Risperidon, Olanzapin, Clozapin, Amisulprid und Quetiapin, aber auch Flupentixol, Fluphenazin und Haloperidol. Neuroleptika wirken besonders gegen die produktiven Symptome der Psychosen. Darunter versteht man Halluzinationen, Ich-Störungen, psychotische Angst und paranoides Erleben.

Bei Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen sind Antidepressiva oft sinnvolle Kom­ponenten des Behandlungskonzepts. Die Wirk­wahrscheinlichkeit der wichtigsten Sub­stanzen unterscheidet sich beim konkreten Kranken nicht wesentlich. Sie liegt etwa 10-20 Prozentpunkte höher als die einer Behandlung mit einem wirkstoff-freien Scheinmedikament (Placebo). Bei der Wahl des geeigneten Antidepressivums orientiert man sich an den zu erwartenden Nebenwirkungen. Diese variieren erheblich von Person zu Person.

Bei bipolaren Störungen steht die Behandlung durch Stimmungsstabilisatoren im Vordergrund.

2. Grundsätze der Behandlung

Je größer der Anteil biologischer Faktoren und je schwerer das Krankheitsbild, desto eher ist an Medikamente zu denken.

Während der Behandlung: weder Alkohol noch Drogen.

Kein Psychopharmakon, gegen das eine bekannte Unverträglichkeit besteht!

Der Off-Label-Gebrauch von Medikamenten wird durch Gesetze eingeschränkt.

Unter Off-Label-Gebrauch versteht man den Einsatz eines Medikaments bei Erkrankungen, zu deren Behandlung es offiziell nicht zugelassen ist. Dabei werden zuweilen die Nebenwirkungen ausgenutzt; zum Beispiel die schlaffördernde Wirkung vieler Substanzen bei Schlafstörungen.

Vor dem Einsatz von Psychopharmaka ist Folgendes zu überlegen:

Der Einsatz von Psychopharmaka macht Sinn, wenn die entsprechenden Fragen bedacht sind und wenn dabei weder bessere Lösungsansätze noch Gefahren erkennbar wurden, die gegen den Einsatz der Medikamente sprechen.

2.1. Untersuchungen
Es schadet nichts, wenn Sie von sich aus nach Untersuchungen fragen.

Hat man sich zum Einsatz von Psychopharmaka entschieden, sind Vorunter­suchungen sinnvoll, um Risikofaktoren vorzeitig zu erkennen. Die meisten Psychopharmaka können Schäden an den blutbildenden Organen oder der Leber verursachen. Sie können zu Herzrhythmusstörungen oder zur Herabsetzung der Krampfschwelle des Zentralnervensystems führen.

Voruntersuchungen

Bei manchen Substanzen sollten auch Blutfette, Blut­zucker, Blutsalze (Elektrolyte), Schilddrüsen­werte, Pankreasenzyme und die Werte der Blutgerinnung bestimmt werden.

Routineuntersuchungen sind bei der Behandlung mit folgenden Substanzen notwendig:

Sollte die Behandlung längere Zeit fortgeführt werden, ist in regelmäßigen Abständen an weit­ere Kontrollen zu denken; möglicherweise auch an eine Bestimmung des Wirkstoffspiegels.

Während der Behandlung mit Psychopharmaka kommt es oft zu Veränderungen der untersuchten Werte. Geringe Veränderungen werden in der Regel hingenommen. Bei mittelgradigen muss engmaschig nachunter­sucht werden. Bei schweren Veränderungen muss das Medikament abgesetzt werden.

2.2. Dosierung
So wenig wie möglich, so viel wie nötig.

Im Regelfall kann man beim Einsatz von Psychopharmaka mit niedrigen Dosen beginnen. Die individuelle Empfindlichkeit ist unterschiedlich; sowohl was die erwünschte Wirkung als auch was die Nebenwirkungen betrifft. Ein bestimmtes Medikament wirkt bei einem Patienten gut, beim anderen wenig und beim dritten überhaupt nicht. Ähnliches gilt für die Dosierung. Der eine spricht auf geringe Dosen an, ein anderer erst auf hohe. Noch mehr individuelle Variabilität gibt es beim Auftreten von Nebenwir­kungen. Manche Patienten sind so empfindlich, dass sie fast nichts vertragen. Andere stecken hohe Dosen weg, ohne dass eine Nebenwirkung die Behandlung stört.

Genetische Enzymvarianten
Die meisten Medikamente werden durch Enzyme abgebaut. Enzyme sind körpereigene Eiweiße, die aktiv in den Stoffwechsel eingreifen. Der Begriff enthält das griechische zyme [ζυμη] = Hefe, Sauerteig. Somit wird das Enzym als Gärungszusatz angesehen. Bei etwa 8-13% der Bevölkerung findet man besondere metabolische Varianten:
2.3. Dauer der Behandlung
Wenn nichts dagegen spricht: Erst einschleichen, dann ausschleichen.

Der Sinn einer vorbeugenden Medika­tion wird von vielen Patienten, die unter Psychosen leiden, unterschätzt.

Da für Neuroleptika kumulative Folgeschäden beschrieben sind (z.B. Hirnatrophie [Nordhues, Bschor 2015], metabolisches Syndrom) sollten Dauerbehandlungen regelmäßig hinterfragt und gegebenen­falls beendet werden.

Internationale psychiatrische Gesellschaften haben Leitlinien zur Dauer der Behandlung herausgegeben. Gemäß dieser Leitlinien sollte die Behandlung von Depressionen mit Psychopharmaka erst einige Monate nach Abklingen der Symptome beendet werden.

Für die Dauer antipsychotischer Behandlungen wird häufig folgendes Schema genannt:

Im psychiatrischen Alltag ist zu beachten, dass Verlauf und Ausprägung von Depres­sionen einer hohen Variabilität unterliegen. Dabei sind biologische, psychologische, soziale und ökonomische Faktoren von Bedeutung. Im konkreten Fall ist über die Behandlungsdauer ebenso wie über die Dosierung individuell zu entscheiden. Scheinen biologische Faktoren im Vordergrund zu stehen, wie bei der Bipolaren Erkrankung und sind schwere Krankheitsphasen bekannt, kommt einer langdauernden Phasenprophylaxe große Bedeutung zu. Sind psychologische Ursachen zu vermuten, was bei der Mehrzahl der Depressionen angenommen werden kann, ist mehr danach zu fragen, was der Patient selbst zur Vorbeugung erneuter Symptome machen kann. Die Alternative heißt dann Psychotherapie.

Individuell ist auch über die Behandlungsdauer bei Psychosen zu entscheiden. Da bei der Mehrzahl der Psychosen von einer primären Verursachung durch Stoffwechsel­störungen im Transmittersystem ausgegangen wird, erscheint der individuelle Spielraum hier geringer.

Andererseits haben Neuroleptika oft einschränkende oder gesundheitlich bedenkliche Nebenwirkungen, sodass sich mancher Patient dazu entscheidet, seine Symptome unbehandelt hinzunehmen. Sind aus der Vergangenheit keine schweren Entgleisungen mit Selbst- und/oder Fremdgefährdung bekannt, ist das im individuellen Fall verständlich.

2.4. Wechselwirkungen
Fragen Sie bei Neuverordnung eines Medikaments nach, ob es sich mit den bisher eingenommenen verträgt.

Seltene, aber gefährliche Nebenwirkungen werden oft erst nach der Markteinführung neuer Medikamente entdeckt. Zu vermu­ten ist, dass manche Nebenwirkungen auftreten, ohne je als solche eingestuft zu werden.


Die Bioverfügbarkeit einer Substanz beschreibt, wie viel des eingenommenen Wirkstoffs tatsächlich am Wirkort ankommt.

Mehr als 3000 Substanzen sind als Medikamente zugelassen. Selbst wenn man nur zwei gleichzeitig einnimmt, gibt es für jeden Wirkstoff 3000 Kombina­tionsmöglichkeiten. Bei drei Medikamenten sind es schon neun Millio­nen, bei vier 27 Milliarden. Es ist unmöglich, alle Wechselwirkungen systematisch zu untersuchen. Deshalb ist es ein Grundsatz der Behandlungssicherheit, dass man bei der Kombination von Medikamenten vorsichtig ist. Das gilt besonders bei langfristiger Einnahme sowie für Medikamente, die noch nicht lange zur Verfügung stehen.

2.5. Einnahmezeitpunkte

Bei vielen Psychopharmaka ist der Einnahmezeitpunkt zu beachten. Manche Substanzen sollten eher vor, andere zu oder nach den Mahlzeiten eingenom­men werden. Bei anderen ist es gleichgültig. Grund dafür sind Besonder­heiten in der Pharmakokinetik. Dazu gehört die Aufnahme des Wirkstoffs aus dem Magen-Darm-Trakt in die Blutbahn; was Unterschiede bei der Bioverfügbarkeit und der Verträglichkeit zur Folge hat.

Manche Substanzen werden besser resorbiert, wenn sie zeitgleich mit Nahrungsmitteln eingenommen werden. Bei anderen ist eine zeitliche Streckung der Resorption durch Nahrungsmittel aus Verträglichkeitsgründen wünschenswert.

Viele Psychopharmaka sind stark sedierend (= schlafanstoßend, vigilanzmin­dernd). Man nimmt sie besser gegen Abend oder zur Nacht. Andere können zu Schlafstörungen führen, wenn man sie zu spät am Tage einnimmt.

3. Substanzgruppen und Ihre Anwendung

Psychopharmaka können Substanzgruppen zugeordnet werden. Zu nennen sind:

Im Grundsatz ist für jede Substanz ein festes Indikations­gebiet definiert. Da sich im Alltag Symptome oft überlagern und Patienten nicht immer eindeutige Diagnosen zugeordnet werden können, werden Medikamente gelegentlich Off-Label, also außerhalb ihres Zulassungsbereichs eingesetzt.

3.1. Nebenwirkungen

Man kann kaum vorhersagen, bei wem ein Medikament wirkt und welche Nebenwirkungen es verursacht.

Häufige Nebenwirkungen sind weniger gefährlich. Gefährliche Nebenwirkungen sind selten. Sonst bekäme ein Medikament keine Zulassung.

Nebenwirkungen sind in der Behandlung mit Psychopharmaka ein beträchtliches Problem. Bei jedem Medikament gibt es eine große Zahl möglicher und eine gewisse Zahl gefährlicher Nebenwirkungen. Es ist allerdings keineswegs die Regel, dass der Nutzen der Medikamente durch Nebenwirkungen infrage gestellt wäre. Zuweilen müssen mehrere Medikamente ausprobiert werden, bis man eines findet, das beim individuellen Patienten ohne störende Nebenwirkungen wirksam ist.

3.1.1. Metabolische Risiken (Metabolisches Syndrom)

Ein häufiges Problem bei der Behandlung mit Psychopharmaka sind metabolische Risiken. Darunter versteht man vor allem Störungen des Kohlehydrat- und Fett­stoffwechsels. Sie werden fast durchgehend von einer Gewichtszunahme begleitet. Das Ausmaß der Gewichtszunahme variiert von Patient zu Patient. Viele nehmen gar nicht zu, andere ein paar Kilo, etliche massiv.

Störungen des Kohlehydrat- bzw. Fettstoffwechsels können zu Diabetes mellitus, Erkrankungen der Blutgefäße, Herzinfarkten, Schlaganfällen und sogar Krebs­erkrankungen führen. Daher muss das Problem ernstgenommen werden.

Auch zwischen den Medikamenten gibt es Unterschiede bezüglich des metabolischen Risikos.

Metabolische Risiken der Psychopharmaka

Substanz Risiko
Antidepressiva: Fluoxetin, Imipramin, Sertralin, Bupropion, Agomelatin, Trazodon
Neuroleptika: Amisulprid, Aripiprazol, Ziprasidon, Melperon, Fluphenazin
+
Antidepressiva: (Es-)Citalopram, Nortriptylin, Venlafaxin, Duloxetin
Neuroleptika: Haloperidol, Flupentixol, Perphenazin, Risperidon, Paliperidon, Quetiapin
++
Antidepressiva: Mirtazapin, Amitriptylin, Doxepin
Neuroleptika: Olanzapin, Clozapin, Thioridazin
+++

Zur Abwendung von Folgeschäden sind Körpergewicht, Blutzucker und Blutfettwerte zu überwachen. Gegebenenfalls muss durch eine Diät vorgebeugt werden. Oder ein Wechsel des Medikaments ist zu erwägen.

3.1.2. Anticholinerge Nebenwirkungen

Acetylcholin spielt eine große Rolle bei der Steuerung vegetativer Funktionen. Viele Psychopharmaka wirken nicht nur an jenen Rezeptoren, die ihre eigentliche Wirkung vermitteln, sondern auch an den Rezeptoren des Acetylcholins. Das kann zu erheb­lichen Nebenwirkungen führen.

Generell gilt...

Je geringer das anticholinerge Risiko, desto eher ist die Substanz auch für ältere Patienten geeignet.

Besonders bei älteren Patienten sind solche Nebenwirkungen problematisch. Das Ausmaß anticholinerger Risiken ist bei unterschiedlichen Substanzen sehr verschieden.

Anticholinerge Nebenwirkungen der Psychopharmaka

Substanz Risiko
Antidepressiva: Agomelatin, Bupropion, (Es-)Citalopram, Duloxetin, Fluoxetin, Fluvoxamin, Johanniskraut, Mirtazapin, Moclobemid, Tranylcypromin, Sertralin, Venlafaxin
Neuroleptika: Amisulprid, Aripiprazol, Benperidol, Bromperidol, Flupentixol, Haloperidol, Pipamperon, Risperidon, Quetiapin, Ziprasidon, Melperon, Fluphenazin, Fluspirilen
0 - (+)
Antidepressiva: Desipramin, Nortriptylin, Imipramin, Paroxetin
Neuroleptika: Levomepromazin, Perazin
+ - ++
Antidepressiva: Amitriptylin, Doxepin, Clomipramin, Maprotilin, Trimipramin
Neuroleptika: Olanzapin, Clozapin, Thioridazin, Zuclopenthixol
+++

4. Schwangerschaft und Stillzeit

Bei zahlreichen Psychopharmaka sind Störungen der embryonalen Entwicklung beschrieben. Viele Substanzen treten auch in die Milch stillender Mütter über und können beim Kind zu Vergiftungen führen. Obwohl Fruchtschäden keineswegs regelhaft sind, erscheint folgendes Verhalten empfehlenswert:

Nehmen Sie Psychopharmaka während der Schwangerschaft und der Stillzeit nur nach Rücksprache mit dem zuständigen Arzt ein. Befragen Sie dazu auch Ihren Gynäkologen.

Da manche Psychopharmaka, was Fruchtschäden betrifft, als relativ unbedenklich gelten, ist bei Schwangerschaft oder Kinderwunsch gegebenenfalls eine Umstel­lung der Medikamente sinnvoll.

Folgende Tabellen geben unverbindliche Hinweise zur aktuellen Einschätzung potenzieller Risiken (Stand: Mitte 2019). Alle Angaben sind ohne Gewähr. Vor dem Einsatz eines Psychopharmakons in der Schwangerschaft oder der Stillzeit sind die Risiken individuell und im Hinblick auf den dann aktuellen Kenntnisstand der Medizin abzuwägen. Die Angaben sind den im Anhang aufgeführten Quellen entnommen. Besonders sei dabei auf die Webseite www.embryotox.de der Berliner Charité verwiesen, die den jeweiligen Stand der Wissenschaft vermittelt.

Bei den hier aufgeführten Tabellen gilt folgendes Bewertungsschema:

erste Wahl +++
zweite Wahl ++
vertretbar +
abzuraten --
wenig Erfahrung -


Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft Stillzeit
TZA
Amitriptylin +++ +++
Clomipramin ++ ++
Imipramin ++ +++
Doxepin + --
Maprotilin ++ unter Vorbehalt akzeptabel
Nortriptylin +++ +++
Trimipramin + unter Vorbehalt akzeptabel
SSRI
Fluoxetin + +
Citalopram +++ +
Escitalopram wahrscheinlich wie Citalopram wahrscheinlich wie Citalopram
Paroxetin + +++
Sertralin +++ +++
Fluvoxamin ++ +++
SSNRI
Venlafaxin ++ +
Duloxetin ++ +
NaSSA
Mirtazapin ++ +
MAOH
Moclobemid - -
Tranylcypromin - -
NDRI
Bupropion ++ +

Auch wenn manche Antidepressiva als Mittel der ersten Wahl bei den genannten Indikationen gelten, heißt das nicht, dass die Einnahme garantiert ohne Risiko ist. Es heißt nur, dass keine relevanten Hinweise auf teratogene Fruchtschäden, also postnatal erkennbare Fehlbildungen bekannt sind. Studien (Rai et al.: Parental depression, maternal antidepressant use during pregnancy, and risk of autism spectrum disorders; British Medical Journal 2013; 346: f2059) scheinen aber zu belegen, dass bei SSRI im 2. und 3. Trimenon das Risiko exponierter Kinder, eine autistische Erkrankung zu erleiden, deutlich erhöht sein könnte.

Stimmungsstabilisatoren in Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft Stillzeit
Lithium schwach teratogen unter Überwachung im Einzelfall akzeptabel
Lamotrigin kein eindeutiges Risiko bei Dosen unter 200 mg/Tag akzeptabel
Carbamazepin teratogen / eindeutig abzuraten unter Überwachung akzeptabel / teratoges Risiko für Folgeschwangerschaft beachten
Valproinsäure stark teratogen / eindeutig abzuraten unter Überwachung akzeptabel / teratoges Risiko für Folgeschwangerschaft beachten

Zur Phasenprophylaxe bei der Bipolaren Störung ist alternativ, vor allem bei drohender Manie, an Quetiapin und Olanzapin zu denken.

Neuroleptika in Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft Stillzeit
Klassische Neuroleptika
Benperidol - -
Haloperidol ++ unter Vorbehalt akzeptabel
Melperon zu vermeiden unter Vorbehalt akzeptabel
Pipamperon -- unter Vorbehalt akzeptabel
Flupentixol + unter Vorbehalt akzeptabel
Fluphenazin + -
Levomepromazin + -
Perazin (+) im ersten Trimenon abzuraten -
Perphenazin (+) im ersten Trimenon abzuraten -
Zuclopenthixol - (+) unter Vorbehalt akzeptabel
Fluspirilen - -
Pimozid -- -
Prothipendyl -- -
Atypische Neuroleptika
Amisulprid + unter Vorbehalt akzeptabel
Aripiprazol ++ unter Vorbehalt akzeptabel
Clozapin ++ (laut Embryotox / Huber rät ab.) --
Olanzapin ++ unter Vorbehalt akzeptabel
Paliperidon wahrscheinlich wie Risperidon wahrscheinlich wie Risperidon
Quetiapin +++ akzeptabel
Sertindol -- -
Risperidon +++ unter Vorbehalt akzeptabel
Ziprasidon ++ unter Vorbehalt akzeptabel

Laut Leitlinie der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) ist bei der Behandlung der Schizophrenie mit Neuroleptika folgendes zu beachten:

Schlaf-und Beruhigungsmittel in Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft Stillzeit
Promethazin +++ bei guter Beobachtung des Kindes akzeptabel
Opipramol + bei guter Beobachtung des Kindes akzeptabel
Diazepam
Alprazoplam
Lorazepam
++
vermutlich nicht teratogen, keine Dauertherapie im letzten Trimenon
unter Überwachung akzeptabel
Zopiclon ++
bisher nicht als teratogen aufgefallen
unter Überwachung akzeptabel
Diphenhydramin +++
unter Überwachung akzeptabel
Doxylamin +++
Einnahme von Einzeldosen akzeptabel
Baldrian +
keine Schäden bekannt
keine Schäden bekannt

Nehmen schwangere oder stillende Frauen Psychopharmaka ein, sind zusätzliche gynäkologische und pädiatrische Begleituntersuchungen notwendig.

5. Verkehrstauglichkeit

Eine Behandlung mit Psychopharmaka hebt die Verkehrstauglichkeit nicht grundsätzlich auf. Einschränkungen der Reaktionsfähigkeit sind jedoch häufig. Sie können bei keiner Substanz ausgeschlossen werden.

Die Verkehrstauglichkeit kann durch zwei Faktoren vermindert werden: Durch die Erkrankung selbst und durch die Medikation.

Generell empfiehlt sich, während der ersten zwei Wochen einer Medikamenteneinnahme ganz auf das Autofahren zu verzichten. Danach sollten Sie sich nur ans Steuer setzen, wenn Sie das mit Ihrem Arzt besprochen haben.

Sedierende, also entspannende Substanzen und sol­che, die müde machen, haben meist einen stärkeren Einfluss auf die Verkehrstaug­lichkeit. Zu nennen sind insbesondere:

Grundregeln zur Verhütung von Unfällen
  • In den ersten zwei Wochen der Medikation kein Fahrzeug führen
  • Besondere Vorsicht nach Dosiserhöhung
  • Keine Kombination mit Drogen und/oder Alkohol
  • Möglichst Kombination dämpfender Medikamente vermeiden
  • Besondere Vorsicht im höheren Lebensalter
  • Vorsicht beim Einsatz von Psychopharmaka bei Erkrankungen mit eigener Einschränkung der Verkehrstauglichkeit
  • Verstärkte Dämpfung durch Wechselwirkung mit sonstigen Medikamenten bedenken

Besonders bei lang wirksamen Benzodiazepinen, sedierenden An­tidepressiva und Neuroleptika kann die Verkehrstauglich­keit während der gesamten Behandlungsdauer einge­schränkt oder aufgehoben sein. Autofahrer, die unter Einfluss von Psychopharmaka im Straßenverkehr auffällig werden, können gemäß §315 StGB wegen Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt werden. Dies gilt auch für Fahrer, die wegen "geistiger oder körperlicher Mängel" den Straßenverkehr gefährden.

Eine Substanz, die die Verkehrstauglichkeit einschränkt, vermindert in der Regel auch die Eignung zur Betätigung gefährlicher Maschinen.

6. Vergiftungsfälle

Sollten Sie Psychopharmaka in Überdosis eingenommen haben, halten Sie Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, dem ärztlichen Notdienst und / oder informieren Sie sich unter...

Suchen Sie gegebenenfalls unverzüglich ein Krankenhaus auf.


Quellen