Bitte beachten Sie die Allgemeinen Hinweise über den Umgang mit Psychopharmaka

Treffen Sie Entscheidungen im Umgang mit Psychopharmaka ausschließlich in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt.

Viele Ursachen führen zur Depres­sion. Medikamente helfen oft nur zum Teil. Gleiches gilt bei Angst und Zwang.

Da manche Antidepressiva den Antrieb steigern, kann sich bei ihrer Anwendung ein erhöhtes Selbst­mordrisiko ergeben. Es gibt Hinweise darauf, dass das besonders für Kinder und Jugendliche gilt. Sollten Sie selbstmordgefährdet sein, sprechen Sie Ihren Arzt darauf an.

Typisch bei Antidepressiva ist, dass die antidepressive Wirkung erst nach 1-3 Wochen eintritt. Vielen fällt es schwer, das abzuwarten. Da Antidepressiva nur einem Teil der Erkrankten helfen, warten viele aber auch vergeblich.
Antidepressiva
Mittel gegen Depressionen, Angst und Zwang

  1. Wirkprinzip
  2. Einsatzgebiete
  3. Einteilung
    1. 3.1. Trizyklische Antidepressiva (TZA)
    2. 3.2. Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI)
    3. 3.3. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSNRI)
    4. 3.4. Monoaminooxidase-Hemmer (MAOH)
    5. 3.5. Andere Substanzen
      1. 3.5.1. Maprotilin
      2. 3.5.2. Trazodon
      3. 3.5.3. Mirtazapin
      4. 3.5.4. Agomelatin
      5. 3.5.5. Tianeptin
  4. Behandlungsgrundsätze
    1. 4.1. Wirksamkeit
    2. 4.2. Nebenwirkungsprofil, Kontraindikationen, Wechselwirkungen
    3. 4.3. Routineuntersuchungen
    4. 4.4. Vorgehen bei Therapieresistenz
      1. 4.4.1. Dosissteigerung
      2. 4.4.2. Wechsel der Substanz
      3. 4.4.3. Kombination mehrerer Antidepressiva
      4. 4.4.4. Kombination mit anderen Substanzen / Augmentation
    5. 4.5. Stoffwechselvarianten
    6. 4.6. Einnahmezeitpunkte
  5. Weitere Informationen

Das erste Antidepressivum kam 1958 auf den Markt: Imipramin. Seitdem folgte eine große Zahl weiterer Substanzen, die sich vor allem in der Art ihrer Nebenwirkungen voneinander unterscheiden. Trotz intensiver Forschung ist es bisher keiner Substanz gelungen, Imipramin überzeugend in Sachen Wirksamkeit zu überflügeln. Vermutlich liegt das daran, dass Depressionen meist durch ein komplexes Gefüge verschiedener Faktoren verursacht werden. Folglich können sie nur zum Teil durch Eingriffe in den Hirnstoffwechsel beeinflusst werden. Psychologische und psychosoziale Ursachen sind durch Psychopharmaka unerreichbar.

1. Wirkprinzip

Antidepressiva wirken entweder auf den Stoffwechsel der sogenannten Neurotrans­mitter oder sie setzen an den Rezeptoren an, die von den Neurotransmittern stimuliert werden. Neurotransmitter sind Botenstoffe, die in den synaptischen Spalt freigesetzt werden und dadurch Informationen von Hirnzelle zu Hirnzelle übertragen. Als Synapsen (griechisch syn [συν] = zusammen und haptein [άπτειν] = greifen, tasten) bezeichnet man die Verbindungsstellen zwischen den Hirnzellen, an denen Impulse übertragen werden.

Beeinflusste Botenstoffe
Hauptwirkung / Nebenwirkung

Die wesentlichen antidepressiven Eigenschaften werden vier Transmittersys­temen zugeordnet: dem...

  1. serotonergen System
  2. noradrenergen System
  3. dopaminergen System
  4. melatonergen System

Man geht davon aus, dass die Hauptwirkung der Antidepressiva, nämlich stimmungsaufhellend und antriebssteigernd zu sein, dem Einfluss auf diese Systeme zu verdanken ist.

Weitere Wirkungen der Antidepressiva entspringen ihrem Einfluss auf das acetycho­linerge System und das histaminerge System sowie ihrer hemmenden Wirkung an den alpha-1- und alpha-2-Rezeptoren. Diese Wirkungen werden als Nebenwirkungen betrachtet. Je nach Lage der Dinge sind Nebenwirkungen teils erwünscht; z.B. die schlaffördernde Wirkung der histaminergen Komponente. Meist sind sie aber störend; z.B. die anticholinergen Wirkungen oder der Einfluss auf die Blutdruckregulation durch Hemmung der alpha-Rezeptoren.

Die Einwirkung auf den Stoffwechsel der Botenstoffe erfolgt über zwei verschiedene Mechanismen:

  1. durch eine Hemmung der Wiederaufnahme des Botenstoffs in die Hirnzelle
  2. durch Hemmung des enzymatischen Abbaus der Botenstoffe

Gemeinsamer Nenner beider Mechanismen ist die Verbesserung der Informationsüber­tragung von Zelle zu Zelle.

2. Einsatzgebiete

Wie der Name schon sagt, werden Antidepressiva hauptsächlich bei Depressionen eingesetzt. Sie wirken aber auch bei Angsterkrankungen und Zwangsstörungen. Obwohl bei beiden Symptomen auch andere Substanzen zum Einsatz kommen, gelten Anti­depressiva heute als Mittel der ersten Wahl. Gerade bei Angsterkrankungen empfiehlt es sich, mit kleinen Dosen zu beginnen, weil die Medikamente Ängste anfangs verstärken können. Zur Behandlung von Zwangserkrankungen sind oft höhere Dosen notwendig. Auch setzt die Wirkung erst nach längerer Wartezeit ein. Acht Wochen sind keine Seltenheit.

Einsatzgebiete der Antidepressiva
Depression Panik-
störung
GAS Soziale
Phobie
Zwangs-
störung
PTBS Ess-
störung
Schlaf-
störung
Schmerz
TZA
Imipramin +
Clomipramin + + (+) + +
Doxepin + (+) (+) (+) + +
Amitriptylin + + +
Nortriptylin
Desipramin
+
SSRI
Fluoxetin + + +
Citalopram + +
Escitalopram + + + + +
Paroxetin + + + + + +
Sertralin + + + + +
Fluvoxamin + +
SSNRI
Venlafaxin + + + +
Duloxetin + +
NaSSA
Mirtazapin +
MAOH
Moclobemid + +
Tranylcypromin +
NDRI
Bupropion +
MRA
Agomelatin +
SRE (SSRE)
Tianeptin +
GAS
Generalisierte Angststörung
PTBS
Posttraumatische Belastungsstörung

Die Tabelle zeigt, dass es neben den Haupteinsatzgebieten der Antidepressiva zusätz­liche Indikationen gibt, bei denen sie helfen können.

3. Einteilung

Antidepressiva werden entsprechend ihrer chemischen Struktur und ihrer Wirkungen auf die verschiedenen Transmittersysteme eingeteilt.

Einteilung der Antidepressiva
nach chemischer Struktur und Wirkprinzip

Gruppe Wirkprinzip Substanzen
TZA Nichtselektive Monoamin-Wiederaufnahme-Hemmung oder Rezeptor-Antagonismus Imipramin, Clomipramin, Doxepin, Amitriptylin, Desipramin, Nortriptylin
SSRI Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmung Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Citalopram, Sertralin, Escitalopram
SSNRI Selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmung Venlafaxin, Duloxetin
NaSSA Noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva Mirtazapin
MAOH Monoaminooxidase-Hemmung Moclobemid, Tranylcypromin
NDRI Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahme-Hemmung Bupropion
MRA Melatonin-Rezeptor-Agonist Agomelatin
SRE (SSRE) Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Verbesserung Tianeptin

3.1. Trizyklische Antidepressiva

Trizyklische Antidepressiva waren die ersten, die entwickelt wurden. In der Regel wirken sie sowohl am serotonergen als auch am noradrenergen System, allerdings unterschiedlich stark. Zudem unterscheiden sie sich bezüglich des Ausmaßes ihrer anticholinergen und antihistaminergen Nebenwirkungen.

Trizyklische Antidepressiva
sedierend / nicht sedierend

Da sowohl die Wirkweise als auch das Nebenwirkungs­profil der Substanzen ähnlich ist, sind sie untereinan­der austauschbar. Je nachdem, ob der Patient eher unter Schlafstörungen, Angst und Unruhe leidet, oder ob eine Antriebsstörung im Vordergrund steht, entscheidet man sich entweder für eine sedierende, also schlaffördernde Substanz oder für eine stimu­lierende.

In der Praxis zeigt sich, dass manche Patienten auf eine eigentlich antriebssteigernde Medikation mit Mü­digkeit reagieren; und umgekehrt. Bei älteren Patien­ten ist wegen der relativ großen Gefahr schwerwiegender Nebenwirkungen besondere Vorsicht geboten. Vor allem sedierende TZA sollten beim Vorliegen altersbedingter Begleiterkrankungen eher vermieden werden.

Nebenwirkungen

Der typische Beipackzettel eines TZA benennt mehr als 80 Nebenwirkungen. Sie lassen sich nach Häufigkeit oder Gefährlichkeit gruppieren.

Kontraindikationen / Anwendungsbeschränkungen

Da die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen bei bestimmten Krankheiten erhöht ist, sollte beim Vorliegen einer solchen Erkrankung ganz auf TZA verzichtet werden. Zu diesen Krankheiten gehören (unter anderen):

Wie bei allen Psychopharmaka gibt es auch zwischen TZA und anderen Medikamenten mögliche Wechselwirkungen. Manche sind gefährlich. Vor der Anwendung eines Anti­depressivums sollten mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bedacht werden.

3.2. SSRI/ Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer
Selective
Serotonin
Reuptake
Inhibitor

Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer sind neuere Entwicklungen. Sie greifen selektiver, als es die TZA in der Regel tun, in den Stoffwechsel des Botenstoffs Serotonin ein und haben deshalb ein anderes Nebenwirkungsprofil.

SSRI

Ein großer Vorteil dieser Substanzen besteht darin, dass sie keine oder fast keine anticholinergen und antihistaminergen Nebenwirk­ungen verursachen. Sie sind daher vor allem bei Überdosierungen weit weniger gefährlich als die TZA. Insgesamt wirken sie weniger dämpfend, was für Berufstätige von Vorteil ist. Meist wird die Verkehrstauglichkeit durch diese Substanzen weniger beeinträch­tigt; was aber nicht regelhaft so ist. Bei etlichen Patienten wirken auch diese Substanzen sedierend; und beein­trächtigen somit die Reak­tionsgeschwindigkeit und die Konzentrationsfähigkeit.

Beim plötzlichen Absetzen von SSRI sind sogenannte Absetz­phänomene recht häufig. Dazu gehören folgende Symptome:

Zur Vermeidung solcher Symptome sollten SSRI möglichst ausgeschlichen werden. Während es lange Zeit hieß, Absetzphänomene klingen stets nach einigen Tagen ab, geht man heute davon aus, dass sie auch längere Zeit fortbestehen können.

Nebenwirkungen

Der typische Beipackzettel eines SSRI zählt mehr als 70 mögliche Nebenwirkungen auf. Sie lassen sich nach Häufigkeit oder nach Gefährlichkeit gruppieren.

Von besonderer Bedeutung sind sexuelle Funktionsstörungen. Das Unvermögen, sexuell zu reagieren (Verlust der Libido, also des sexuellen Verlangens) oder Funktionsstörungen (z.B. Erektionsstörungen) kann zur Absenkung des Selbstwertempfindens führen und dadurch depressive Reaktionen sogar fördern. Während es früher hieß, solche Störungen träten nur so lange auf, wie man die Substanz einnimmt, liegen nun Berichte darüber vor, dass sexuelle Funktionsstörungen auch nach Absetzen der Medikation anhalten können (z.B. Rebecca Diane Stinson: The impact of persistent sexual side effects of selective serotonin reuptake inhibitors after discontinuing treatment: a qualitative study).

Kontraindikationen / Anwendungsbeschränkungen

Da das Risiko gefährlicher Nebenwirkungen bei bestimmten Krankheiten erhöht ist, sollten SSRI beim Vorliegen einer solchen Erkrankung nur mit großer Vorsicht einge­nommen werden. Zu diesen Krankheiten gehören (unter anderen):

Die Gefahr einer erhöhten Krampfbereitschaft wird durch neuere Studien infrage gestellt. Sie ist jedoch nicht auszuschließen.

3.3. Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer

Die Gruppe der SSNRI umfasst drei Substanzen: Venlafaxin, Milnacipran und Duloxetin. Alle drei greifen sowohl in den Stoffwechsel des Serotonins als auch in den des Noradrenalins ein. Im Gegensatz zu den TZA, von denen viele ähnlich wirken, sind die Einwirkungen der SSNRI auf andere Transmittersysteme schwächer. Daher werden sie als selektiv bezeichnet und haben insgesamt weniger Nebenwirkungen.

Die Rezeptoraffinitäten, also die Intensität, mit der die Substanzen Transmittersysteme beeinflussen ist unterschiedlich. Venlafaxin bindet fast ausschließlich an serotonerge Rezeptoren, Milnacipran zu einem erheblichen Teil auch an noradrenerge. Duloxetin liegt dazwischen.

Rezeptoraffinitäten der SSNRI
Venlafaxin serotonerg
Duloxetin
Milnacipran noradrenerg

Das führt dazu, das Venlafaxin in niedriger Dosierung quasi wie ein SSRI wirkt.

Nebenwirkungen

Der Beipackzettel der SSNRI nennt ca. 90 mögliche Nebenwirkungen.

Milnacipran wird nicht über die Leber verstoffwechselt. Daher sind weniger Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu erwarten. Da Milnacipran über die Nieren ausgeschieden wird, sind bei Niereninsuffizienz geringere Dosierungen anzuwenden.

Kontraindikationen / Anwendungsbeschränkungen

Da die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen bei bestimmten Krankheiten erhöht ist, sollten bei Vorliegen einer solchen Erkrankung SSNRI nur mit großer Vorsicht eingenommen werden. Zu nennen sind insbesondere:

Bei Venlafaxin und Duloxetin ist mit relativ starken Absetzphänomenen zu rechnen. Daher sollten beide Substanzen immer ausgeschlichen werden.

Hoher Tyramingehalt

Zusätzlich zu vermeiden

3.4. MAO-Hemmer

Zur Gruppe der MAO-Hemmer gehören Moclobemid und Tranylcypromin. MAOH schwächen die Wirkung der Monoaminooxidase. Dieses Enzym ist für den Abbau der Botenstoffe verantwortlich. Durch die Hemmung des Enzyms, steigt der Spiegel der Botenstoffe an und verbessert in der Folge die Informationsübertragung zwischen den Hirnzellen.

Moclobemid ist ein reversibler MAO-Hemmer, Tranylcypromin wirkt irrever­sibel. Irreversibel heißt, dass sich Tranylcypromin unauflöslich an das Enzym bindet, während die Bindung des Moclobemid locker bleibt. In der Folge ist die Wirkung des Tranylcypromin wuchtiger. Sie birgt eine größere Gefahr schwerer Nebenwirkungen.

Da es unter Tranylcypromin beim Verzehr tyraminhaltiger Nahrungsmittel zu massiven Erhöhungen des Blutdrucks kommen kann, muss während der Behandlung eine streng tyraminarme Diät eingehalten werden. Unter Moclobemid ist diese Gefahr kaum ausgeprägt, eine gewisse Vorsicht beim Verzehr entsprechender Nahrungsmittel ist trotzdem sinnvoll.

Wegen der Gefahr schwerer Wechselwirkungen sollten MAOH nicht mit ander­en Antidepressiva, insbesondere nicht mit TZA, SSRI und SSNRI kombiniert werden.

Bei einer Umstellung sind Wartezeiten zu beachten, damit sich die Substanzen nicht im Körper begegnen. Die Wartezeiten - auch Karenz­zeiten genannt - hängen von der Abbaugeschwindigkeit der Medika­mente ab. Die Abbaugeschwindigkeit wird durch die Halbwertzeit bestimmt.

Halbwertzeiten (HWZ) der Antidepressiva

h = Stunden t = Tage

Gruppe Substanz HWZ
TZA Amitriptylin
Doxepin
Imipramin
Clomipramin
Desipramin
Nortriptylin
10-30 h
8-30 h
10-25 h
16-60 h
15-30 h
25-35 h
SSRI Citalopram
Fluoxetin
Fluvoxamin
Paroxetin
Sertralin
Escitalopram
20-30 h
6-15 t
15-25 h
8-30 h
20-30 h
20-30 h
SSNRI Venlafaxin
Duloxetin
Milnacipran
14-18 h
9-19 h
8 h
SRE Tianeptin 2,5 hDie Halbwertzeit steigt bei Niereninsuffizienz und bei über 70-jährigen Patienten auf bis zu 9 h an.
NaSSA Mirtazapin 20-40 h
MAOH Moclobemid
Tranylcypromin
2-7 h
2-3 h
NDRI Bupropion 5-8 h
MRA Agomelatin 1-2 h
Andere Trazodon
Trimipramin
Maprotilin
4-8 h
10-20 h
20-60 h

3.5. Andere Substanzen

Neben den bisher genannten Substanzen gibt es weitere Antide­pressiva. Dazu gehören: Maprotilin, Trazodon, Agomelatin, Mirtazapin und Tianeptin. Eine neuere Entwicklung ist Bupropion.

3.5.1. Maprotilin

Maprotilin ist zwar nicht trizyklisch, sondern tetrazyklisch, es ähnelt aber bezüglich seiner Wirkweise und seines Nebenwirkungsprofils in vielem den sedierenden TZA.

3.5.2. Trazodon

Trazodon ist eine angstlösende und sedierende Substanz. Wie Moclobemid kann sie auch bei Patienten mit Grünem Star und Prostatavergrößerung gegeben werden.

3.5.3. Mirtazapin

Mirtazapin ähnelt in seinen Wirkungen in vielem den sedierenden TZA, hat aber insgesamt weniger Nebenwirkungen. Vor allem die Gefahr von Herzrhythmusstörungen, Kreislaufstörungen, Harnverhalt, Grünem Star und sexuellen Funktionsstörungen ist geringer. Es kann daher überall dort eingesetzt werden, wo eine schlaffördernde Wirkung erwünscht ist.

Da die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen bei bestimmten Krankheiten erhöht ist, sollte bei Vorliegen einer solchen Erkrankung Mirtazapin nur mit großer Vorsicht eingenommen werden. Zu diesen Krankheiten gehören (unter anderen!):

Auch bei Mirtazapin ist bei plötzlichem Absetzen nach längerer Behandlung mit Schwindel, Kopfschmerzen und Unwohlsein zu rechnen.

Agomelatin: Riskant bei...
  • Übergewicht
  • Fettleber
  • Diabetes
  • Alkoholkonsum
  • Kombination mit leberschädigenden Medikamenten
3.5.4. Agomelatin

Agomelatin greift in den Stoffwechsel des körpereigenen Hormons Melatonin ein. Im Gegensatz zu anderen Antidepressiva wird bei dieser Substanz kein Wirkspiegel aufgebaut, sondern impulsartig in den Tagesrhythmus des Hormonspiegels eingegriffen. Daher wird es einmal täglich beim Zubettgehen eingenommen.

Als Vorteil der Substanz gilt, dass bislang keine Absetzphänomene bei plötzlichem Absetzen beobachtet wurden (Henssler et al.: Absetz- und Rebound-Phänomene bei Antidepressiva, Deutsches Ärzteblatt 2019).

Leberschäden durch Agomelatin
Nach der Markteinführung sind Fälle aufgetreten, bei denen es im Zusammenhang mit der Einnahme von Agomelatin zu schweren Leberschäden gekommen ist. Der Hersteller empfiehlt beim Einsatz des Medikaments besondere Vorsichtsmaß­nahmen (Stand 2019):
3.5.5. Tianeptin

Das Wirkprinzip des Tianeptin ist umstritten. Formell wird es als (selektiver) Serotonin-Reuptake-Enhancer (to enhance = verbessern) aufgefasst. Andere Befunde deuten darauf hin, dass es am gluta­matergen Transmittersystem ansetzt; oder aber an der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse. Da sich die Substanz als Agonist des μ-Opioid-Rezeptors erwiesen hat, könnte ihre entlastende Wirkung auch diesem Wirkmechanismus zuge­schrieben werden.

Da es über die Niere ausgeschieden, aber nicht durch das Cytochrom-P-450-Enzym­system abgebaut wird, gilt Tianeptin bislang als relativ unproblematisch, was Wechsel­wirkungen mit anderen Medikamenten betrifft. Daraus könnte ein besonderes Einsatz­gebiet bei solchen Patienten abgeleitet werden, die eine Vielzahl anderer Medikamente einnehmen. Im Gegensatz zu anderen Antidepressiva besteht bei Tianeptin eine echte Suchtgefahr mit Toleranz­entwicklung. Nach längerem Gebrauch ist mit Entzugser­scheinungen zu rechnen.

4. Behandlungsgrundsätze

Antidepressiva helfen - sofern sie es tun - in der Regel nach 1-3 Wochen. Ist eine mög­lichst rasche Besserung der Symptome vordringlich, weil andernfalls soziale Folgeschä­den drohen, erscheint ein Verzicht auf einen medikamen­tösen Behandlungsversuch fragwürdig.

Nicht jede Depression, nicht jede Angst- oder Zwangssymptomatik muss medikamentös behandelt werden. Eine Reihe von Faktoren spricht für den Einsatz eines Medikaments, eine Reihe anderer spricht dagegen. In der Praxis ist in Absprache mit dem Patienten individuell zu entscheiden.

Argumente für und wider den Einsatz von Antidepressiva

Eher dafür Eher dagegen
  • Schwere Symptomatik
  • Geringe Fähigkeit oder Neigung des Patienten zu psychothera­peutischer Bewältigung
  • Selbstmordgefährdung
  • Gefahr sozialer Folgeschäden; z.B. Arbeitsplatzverlust, Erziehungsunfähigkeit, Unfähigkeit, Prüfungen zu absolvieren
  • Gute Erfahrungen mit Medikation bei früheren Krankheitsphasen
  • Wenig körperliche Begleiterkrankungen
  • Keine Vormedikation mit Arzneimitteln, die ein Risiko für gefährliche Wechselwirkungen begründen
  • Leichte bis mittelgradige Symptomatik
  • Hohe Fähigkeit und Neigung des Patienten zu psychothera­peutischen Bewältigung
  • Vorbehalte des Patienten gegen Medikamente
  • Geringe Gefahr sozialer Folgeschäden
  • Schlechte Erfahrungen mit Medikation bei früheren Krankheitsphasen
  • Schwerwiegende körperliche Begleiterkrankungen
  • Parallele Einnahme (vieler) anderer Medikamente
  • Minderjährigkeit
  • Schwangerschaft

Hat man sich zur Behandlung mit einem Antidepressivum entschieden, steht man vor der Wahl des Präparats. Dabei sind folgende Kriterien maßgeblich:

Streubreiten

In Vergleichsstudien zur Wirksamkeit antidepressiver Substanzen sind Streubreiten von 0,60-1,80 gängig. Ein Wert von 1,00 heißt: Substanz A ist ebenso wirksam wie Substanz B.

Individualität

Die Wirksamkeit einer Substanz beim konkreten Patienten hängt ebenso von der Eigenart seines individuellen Stoffwechsels ab wie vom Charakter seiner Depressivität. Ein unruhiger und schlafgestörter Patient profitiert womöglich von einer dämpfenden Substanz. Steht Antriebslosigkeit im Vordergrund, ist eine stimulierende Substanz vermutlich besser. Und außerdem: Was bei einem Patienten wirkt, verpufft beim anderen ohne Effekt; oder schadet sogar. Eine Substanz als stark oder schwach zu bezeichnen, macht nur wenig Sinn.

4.1. Wirksamkeit

Um die Wirksamkeit von Antidepressiva zu vergleichen, wurde eine Menge Studien durchgeführt. Die Ergebnisse sind uneinheitlich. Je nach­dem welche Substanzen verglichen werden, wird einmal der einen Substanz, dann der anderen eine bessere Wirksamkeit bescheinigt. Erschwert wird der Vergleich durch Verzerrungen, die durch die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller verursacht werden.

Üblicherweise bringen Hersteller mehrere Studien zum Wirksamkeits­nachweis auf den Weg. Die günstigen Resultate werden veröffent­licht, die anderen nicht. Dadurch werden die Wirksamkeitsquoten ge­schönt.

Insgesamt gilt: Eine Substanz, die sich in Sachen Wirksamkeit aus dem Feld der übrigen eindeutig abhebt, ist noch nicht gefunden. Bei der Wahl des Präparats spielen Wirksamkeitsvorteile, wie sie je nach Studie der einen oder der anderen Substanz bescheinigt werden, nur eine zweitrangige Rolle.

4.2. Nebenwirkungsprofil, Kontraindikationen und Wechselwirkungen

Im konkreten Fall sind Nebenwirkungsprofil, Kontraindikationen und mögliche Wechsel­wirkungen mit anderen Medikamenten für die Wahl des Präparats meist von größerer Bedeutung.

Steht ein Antriebsmangel im Vordergrund wird man eine Substanz mit stimulierenden Nebenwirkungen wählen. Leidet der Patient vor allem unter Unruhe und Schlaf­störungen, entscheidet man sich für eine sedierende Substanz.

Vor allem ältere Patienten leiden parallel zur Depression oft unter körperlichen Erkran­kungen, die die Anwendung von Antidepressiva einschränken. Meist werden sie mit anderen Medikamenten behandelt. Wegen möglicher Wechselwirkungen gibt es dann bedeutsame Einschränkungen bei der Auswahl denkbarer Medikamente.

QTc
Psychopharmaka können zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen. Ein Mess­wert bei der Auswertung des EKG gilt als Risikomarker: die QT-Zeit (QTc).

Viele Antidepressiva stehen im Verdacht, die QT-Zeit zu verlängern und das Risiko von Rhythmusstörungen zu erhöhen. Allerdings scheint das Risiko je nach Substanz unterschiedlich hoch zu sein.

Bei der Auswertung von fast 40000 Patientenakten (Castro VM, Clements CC, Murphy SN et al.: QT interval and antidepressant use; BMJ 2013; 346: f288) zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang für Citalopram, Escitalopram und Amitriptylin. Für Duloxetin, Fluox­etin, Mirtazapin, Nortriptylin, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin ergaben sich keine statistisch nachweisbaren Befunde. Bupropion scheint die QT-Zeit sogar zu verringern.

Andere Studien (z.B. Etienne Delacrétaz: Medikamente und verlängertes QT-Intervall; Schweiz Med Forum 2007 sowie Wenzel-Seifert K, Wittmann M, Haen E: QTc prolongation by psychotropic drugs and the risk of torsade de pointes. Dtsch Arztebl Int 2011) legen eine größere Vorsicht nahe. Sie sehen eine Gefahr auch bei Substanzen, die in der zuerst genannten Auswertung als unbedenklich erscheinen.

Obwohl die Wahl des Präparats letztendlich individuell zu treffen ist, sind Leitlinien (z.B. ⇗S3-Leitlinie) und entsprechende Empfehlungen (z.B. durch Cipriani et al.) formuliert worden, die ein Richtmaß für all jene Fälle geben, bei denen nichts gegen die Anwendung der Empfehlungen spricht.

Demnach erscheint folgendes Vorgehen sinnvoll (Stand 2021):

4.3. Routineuntersuchungen

Um die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen zu vermindern, ist es sinnvoll, vor und während einer Behandlung mit Antidepressiva Routineuntersuchungen durchzuführen. Art und Häufigkeit hängen von der eingesetzten Substanz ab. Folgende Tabelle gibt einen Überblick empfohlener Untersuchungen (Gemäß Otto Benkert und Hanns Hippius: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, Springer 2009, modifiziert durch erweiterte Angaben für Agomelatin):

Routineuntersuchungen beim Einsatz von Antidepressiva
vor Beginn 1.Monat 2.Monat 3.Monat 4.Monat 5.Monat 6.Monat ab dann
TZA
Blutbild x xx xx xx xx x x alle drei Monate
Leberwerte
GOT, GPT, y-GT
x x x x x alle drei Monate
Nierenwert
Kreatinin
x x x x alle sechs Monate
EKG x x x d
EEG x a
SSRI
Blutbild x x x alle 6-12 Monate
Leberwerte
GOT, GPT, y-GT
x x x alle 6-12 Monate
Nierenwert
Kreatinin
x x x alle 6-12 Monate
EKG b b c
Natrium x x monatlich bei Patienten über 60 alle drei Monate bei Patienten über 60
Agomelatin
Blutbild x x x alle 6-12 Monate
Leberwerte
GOT, GPT, y-GT
x 3.Woche 6.Woche 12.Woche 24.Woche alle drei Monate
Nierenwert
Kreatinin
x x x alle 6-12 Monate
EKG x b c
Natrium x x monatlich bei Patienten über 60 alle drei Monate bei Patienten über 60
andere Substanzen
Blutbild x x x alle 6-12 Monate
Leberwerte
GOT, GPT, y-GT
x x x alle 6-12 Monate
Nierenwert
Kreatinin
x x x alle 6-12 Monate
EKG b b c
Natrium x x monatlich bei Patienten über 60 alle drei Monate bei Patienten über 60
  • bei Patienten mit Hirnschädigungen
  • bei Patienten mit Herz-Kreislaufrisiken
  • bei auffälligen Befunden im Vor-EKG (z.B. Verlängerung der QT-Zeit) weitere Kontrollen in Abstimmung mit dem Kardiologen
  • alle sechs Monate bei Patienten über 60 oder bei Herz-Kreislauf­erkran­kungen

Die Zahl der Routineuntersuchungen nach dem 6. Monat richtet sich zum Teil nach dem Ausgang der Voruntersuchungen. Traten dabei keine bemerkenswerten Auffälligkeiten auf, können längere Intervalle, z. B. 12 Monate, gewählt werden.

4.4. Vorgehen bei Therapieresistenz

Ein häufiges Problem der Behandlung mit Antidepressiva ist die Therapieresistenz. Darunter versteht man die Unwirksamkeit einer oder mehrerer therapeutischer Ansätze. Sollte ein erstes Medikament nicht helfen (Non-response auf Monotherapie), stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

Erfolgsquoten bei Monotherapie
(Medikation mit einer Substanz)

Studien zeigen, dass die Erfolgsaussichten dieser Ansätze unterschiedlich sind.

4.4.1. Dosissteigerung

Bei allen Substanzen hängt die Wirkstärke von der Dosis ab. Das heißt aber keines­wegs: Je mehr desto besser. Für jede Substanz gibt es Standarddosierungen, die zunächst verabreicht werden. Bei einigen Substanzen sind bessere Wirkungen zu erwarten, wenn man die Dosis darüber hinaus steigert; bei anderen nicht.


Behandlung mit höherer Dosis...
Effekt nachgewiesen Effekt nicht nachgewiesen
  • Trizyklische Antidepressiva
  • Venlafaxin
  • Tranylcypromin
  • SSRI

Für den Sinn erhöhter Dosen der übrigen Substanzen liegen keine ausreichenden Belege vor.

4.4.2. Wechsel der Substanz

Pseudo-Wirksamkeit

Viele Depressionen verlaufen zyklisch: Sie kommen und gehen - auch ohne Medikamente. Da man pro Substanz etwa drei Wochen braucht, um ihre Wirksamkeit abzuschätzen, kann es sein, dass die Depression auf die x-te Substanz scheinbar anspricht. In Wirklichkeit hat die Besserung andere Ursachen. Trotzdem glaubt man an das eingesetzte Mittel.

Im psychiatrischen Alltag werden Antidepressiva oft gewechselt. Sinnvoll ist das vor allem bei Unverträglichkeit. Oft wird aber auch gewechselt, weil man von der Wirkung enttäuscht ist. Der Sinn solcher Wechsel ist wissenschaftlich nicht belegt.

Hat man zwei bis drei Substanzen ausprobiert, ohne dass es dem Patienten besser geht, kann man in der Regel auf den nächsten Versuch verzichten.

4.4.3. Kombination mehrerer Antidepressiva
Wegen der Gefahr von Wechselwirkungen gilt generell: Kombinationen eher vermeiden als anstreben.

Eine weitere Strategie bei mangelnder Wirksamkeit eines Antidepressivums ist die Kombination mit einem zweiten. Einige Studien konnten dabei Vorteile einer Kombination aufzeigen. Allerdings gilt das nicht für alle Kombinationen. Die Kombination von MAO-Hemmern mit anderen Substanzen sollte grundsätzlich vermieden werden. Relativ viele Hinweise gibt es für den Sinn einer Kombination von SSRI oder TZA mit Mirtazapin bzw. Trazodon. Folgende Tabelle gibt einen Überblick.


Kombination von Antidepressiva
TZA SSRI MAOH Mirtazapin Trazodon
TZA + - - + +
SSRI - - - + +
MAOH - - - - -
Mirtazapin + + - - -
Trazodon + + - - -

4.4.4. Kombination mit anderen Substanzen / Augmentation

Neben der Kombination zweier Antidepressiva ist auch die Kombination eines Anti­depressivums mit anderen Medikamenten erprobt. Infrage kommen laut S3-Leitlinie der DGPPN 2015...

Am besten belegt ist die Wirkung einer Zugabe von Lithium. An eine Lithiumaugmenta­tion ist besonders bei Depressionen im Rahmen einer bipolaren Störung zu denken, da Lithium auch antimanisch wirkt. Zudem schützt Lithium gegen die Umsetzung von Selbstmordimpulsen.

Positive Hinweise gibt es auch für den Einsatz atypischer Neuroleptika. Zu denken ist an Olanzapin, Quetiapin, Risperidon oder Aripiprazol. Zur Augmentation wird man in der Regel niedrige Dosen verwenden.

Für die früher häufiger angewandte Augmentation mit Schilddrüsenhormonen (Trijodthyronin oder L-Thyroxin) gibt es ebenfalls positive Studienergebnisse. Allerdings scheinen für einen Erfolg eher hohe Dosierungen notwendig zu sein.

Buspiron ist eine angstlösende Substanz. Es gibt Hinweise darauf, dass sie vor allem in Kombination mit SSRI bei schweren, ängstlich-gefärbten Depressionen nützlich sein kann (Appelberg, BG: Patients with severe depression may benefit from Buspirone augmentation of selective Serotonin reuptake inhibitors; Journal of Clinical Psychiatry 2001).

4.5. Stoffwechselvarianten

Wie viele andere Pharmaka, so werden auch Antidepressiva von den Enzymen der Cytochrom-P-450-Gruppe abgebaut. Die Effektivität dieser Enzyme hängt von gene­tischen Varianten ab, die von Person zu Person unterschiedlich starke Enzymakti­vitäten bewirken. Deshalb ist das Tempo der Substanzbeseitigung aus dem Organismus variabel. Man unterscheidet...

Antidepressiva werden durch mehrere Cytochrom-Varianten abgebaut.

  1. Cytochrom P 2D6
  2. Cytochrom P 2C19
  3. Cytochrom P 1A2
  4. Cytochrom P 3A4
  5. Cytochrom P 2C9

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick.

Antidepressiva werden abgebaut durch...

Cytochrom P 2D6 2C19 1A2 3A4 2C9
Amitriptylin + + + +
Citalopram
Escitalopram
+ + +
Clomipramin + + +
Doxepin + + + +
Fluoxetin + + + +
Fluvoxamin + +
Imipramin + + +
Maprotilin +
Mirtazapin + + +
Nortriptylin +
Paroxetin + +
Trimipramin + +
Venlafaxin + +

Quelle: ⇗Pharmazeutische Zeitung (Ausgabe 47/2009)

Es gibt zwei bedeutsame genetische Varianten:

Liegen beide Genvarianten vor, können sich die Wirkungen gegen­seitig aufheben.

Generell ist bei der Behandlung zu beachten:

4.6. Einnahmezeitpunkte

Um bei guter Verträglichkeit die beste Wirkung zu erzielen, ist es sinnvoll, bei der Behandlung mit Psychopharmaka das zeitliche Verhältnis zwischen Einnahme, Tageszeit und Nahrungsaufnahme zu beachten. Vor allem sedierende Substanzen nimmt man besser abends oder zur Nacht ein. Für Antidepressiva sind folgende Richtlinien zu nennen.

Nahrungsaufnahme und Einnahmezeitpunkt

Substanz Verhältnis...
... zur Nahrungsaufnahme ... zur Tageszeit
TZA
Amitriptylin, Clomipramin, Desipramin, Doxepin, Imipramin, Nortriptylin unabhängig von der Nahrungsauf­nahme sedierende Substanzen eher abends oder zur Nacht
SSRI
Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin unabhängig von den Mahlzeiten in der Regel morgens zum Frühstück,
bei individuell sedierender Wirkung auch zur Nacht
SSNRI
Venlafaxin verträglicher bei Einnahme zu den Mahlzeiten Hauptdosis eher morgens
Duloxetin unabhängig von der Nahrungsauf­nahme eher morgens
Milnacipran verträglicher bei Einnahme zu den Mahlzeiten 2 x täglich
MAO-Hemmer
Tranylcypromin unabhängig von der Nahrungsaufnahme nicht nach 15 Uhr
Moclobemid zur Mahlzeit morgens
andere Wirkstoffe
Maprotilin unabhängig von der Nahrungsaufnahme abends oder zur Nacht
Mirtazapin unabhängig von der Nahrungsaufnahme abends oder zur Nacht
Trazodon direkt nach dem Essen abends oder zur Nacht
Trimipramin während oder nach dem Essen Hauptdosis abends oder zur Nacht
Bupropion unabhängig von der Nahrungsaufnahme morgens
Agomelatin unabhängig von der Nahrungsaufnahme abends
Johanniskraut verträglicher bei Einnahme zu den Mahlzeiten individuell

5. Weitere Informationen

⇗Beipackzettel: Amitriptylin (PDF)
⇗Beipackzettel: Citalopram (PDF)
⇗Beipackzettel: Venlafaxin (PDF)
⇗Beipackzettel: Bupropion
⇗Beipackzettel: Mirtazapin (PDF