Typisch bei Antidepressiva ist, dass die antidepressive Wirkung erst nach 1-3 Wochen eintritt. Vielen fällt es schwer, das abzuwarten. Da Antidepressiva nur einem Teil der Erkrankten helfen, warten viele aber auch vergeblich.
Das erste Antidepressivum kam 1958 auf den Markt: Imipramin. Seitdem folgte eine große Zahl weiterer Substanzen, die sich vor allem in der Art ihrer Nebenwirkungen voneinander unterscheiden. Trotz intensiver Forschung ist es bisher keiner Substanz gelungen, Imipramin überzeugend in Sachen Wirksamkeit zu überflügeln. Vermutlich liegt das daran, dass Depressionen meist durch ein komplexes Gefüge verschiedener Faktoren verursacht werden. Folglich können sie nur zum Teil durch Eingriffe in den Hirnstoffwechsel beeinflusst werden. Psychologische und psychosoziale Ursachen sind durch Psychopharmaka unerreichbar.
Antidepressiva wirken entweder auf den Stoffwechsel der sogenannten Neurotransmitter oder sie setzen an den Rezeptoren an, die von den Neurotransmittern stimuliert werden. Neurotransmitter sind Botenstoffe, die in den synaptischen Spalt freigesetzt werden und dadurch Informationen von Hirnzelle zu Hirnzelle übertragen. Als Synapsen (griechisch syn [συν] = zusammen und haptein [άπτειν] = greifen, tasten) bezeichnet man die Verbindungsstellen zwischen den Hirnzellen, an denen Impulse übertragen werden.
Die wesentlichen antidepressiven Eigenschaften werden vier Transmittersystemen zugeordnet: dem...
Man geht davon aus, dass die Hauptwirkung der Antidepressiva, nämlich stimmungsaufhellend und antriebssteigernd zu sein, dem Einfluss auf diese Systeme zu verdanken ist.
Weitere Wirkungen der Antidepressiva entspringen ihrem Einfluss auf das acetycholinerge System und das histaminerge System sowie ihrer hemmenden Wirkung an den alpha-1- und alpha-2-Rezeptoren. Diese Wirkungen werden als Nebenwirkungen betrachtet. Je nach Lage der Dinge sind Nebenwirkungen teils erwünscht; z.B. die schlaffördernde Wirkung der histaminergen Komponente. Meist sind sie aber störend; z.B. die anticholinergen Wirkungen oder der Einfluss auf die Blutdruckregulation durch Hemmung der alpha-Rezeptoren.
Die Einwirkung auf den Stoffwechsel der Botenstoffe erfolgt über zwei verschiedene Mechanismen:
Gemeinsamer Nenner beider Mechanismen ist die Verbesserung der Informationsübertragung von Zelle zu Zelle.
Wie der Name schon sagt, werden Antidepressiva hauptsächlich bei Depressionen eingesetzt. Sie wirken aber auch bei Angsterkrankungen und Zwangsstörungen. Obwohl bei beiden Symptomen auch andere Substanzen zum Einsatz kommen, gelten Antidepressiva heute als Mittel der ersten Wahl. Gerade bei Angsterkrankungen empfiehlt es sich, mit kleinen Dosen zu beginnen, weil die Medikamente Ängste anfangs verstärken können. Zur Behandlung von Zwangserkrankungen sind oft höhere Dosen notwendig. Auch setzt die Wirkung erst nach längerer Wartezeit ein. Acht Wochen sind keine Seltenheit.
Einsatzgebiete der Antidepressiva | |||||||||
Depression | Panik | GAS | Soziale Phobie |
Zwang | PTBS | Ess- störung |
Schlaf- störung |
Schmerz | |
TZA | |||||||||
Imipramin | + | ||||||||
Clomipramin | + | + | (+) | + | + | ||||
Doxepin | + | (+) | (+) | (+) | + | + | |||
Amitriptylin | + | + | + | ||||||
Nortriptylin Desipramin |
+ | ||||||||
SSRI | |||||||||
Fluoxetin | + | + | + | ||||||
Citalopram | + | + | |||||||
Escitalopram | + | + | + | + | + | ||||
Paroxetin | + | + | + | + | + | + | |||
Sertralin | + | + | + | + | + | ||||
Fluvoxamin | + | + | |||||||
SSNRI | |||||||||
Venlafaxin | + | + | + | + | |||||
Duloxetin | + | + | |||||||
NaSSA | |||||||||
Mirtazapin | + | ||||||||
MAOH | |||||||||
Moclobemid | + | + | |||||||
Tranylcypromin | + | ||||||||
NDRI | |||||||||
Bupropion | + | ||||||||
MRA | |||||||||
Agomelatin | + | ||||||||
SRE (SSRE) | |||||||||
Tianeptin | + | ||||||||
GAS Generalisierte Angststörung PTBS Posttraumatische Belastungsstörung |
Tabelle 1
Einsatzgebiete der Antidepressiva | |||||||||
Depression | Panik | GAS | Soziale Phobie |
Zwang | |||||
TZA | |||||||||
Imipramin | + | ||||||||
Clomipramin | + | + | (+) | + | |||||
Doxepin | + | (+) | (+) | (+) | |||||
Amitriptylin | + | ||||||||
Nortriptylin Desipramin |
+ | ||||||||
SSRI | |||||||||
Fluoxetin | + | + | |||||||
Citalopram | + | + | |||||||
Escitalopram | + | + | + | + | + | ||||
Paroxetin | + | + | + | + | + | ||||
Sertralin | + | + | + | + | |||||
Fluvoxamin | + | + | |||||||
SSNRI | |||||||||
Venlafaxin | + | + | + | + | |||||
Duloxetin | + | + | |||||||
NaSSA | |||||||||
Mirtazapin | + | ||||||||
MAOH | |||||||||
Moclobemid | + | + | |||||||
Tranylcypromin | + | ||||||||
NDRI | |||||||||
Bupropion | + | ||||||||
MRA | |||||||||
Agomelatin | + | ||||||||
SRE (SSRE) | |||||||||
Tianeptin | + | ||||||||
GAS Generalisierte Angststörung |
Tabelle 2
Einsatzgebiete der Antidepressiva | |||||||||
PTBS | Ess- störung |
Schlaf- störung |
Schmerz | ||||||
TZA | |||||||||
Imipramin | |||||||||
Clomipramin | + | ||||||||
Doxepin | + | + | |||||||
Amitriptylin | + | + | |||||||
Nortriptylin Desipramin |
|||||||||
SSRI | |||||||||
Fluoxetin | + | ||||||||
Citalopram | |||||||||
Escitalopram | |||||||||
Paroxetin | + | ||||||||
Sertralin | + | ||||||||
Fluvoxamin | |||||||||
SSNRI | |||||||||
Venlafaxin | |||||||||
Duloxetin | |||||||||
NaSSA | |||||||||
Mirtazapin | |||||||||
MAOH | |||||||||
Moclobemid | |||||||||
Tranylcypromin | |||||||||
NDRI | |||||||||
Bupropion | |||||||||
MRA | |||||||||
Agomelatin | |||||||||
SRE (SSRE) | |||||||||
Tianeptin | |||||||||
PTBS Posttraumatische Belastungsstörung |
Die Tabelle zeigt, dass es neben den Haupteinsatzgebieten der Antidepressiva zusätzliche Indikationen gibt, bei denen sie helfen können.
Antidepressiva werden entsprechend ihrer chemischen Struktur und ihrer Wirkungen auf die verschiedenen Transmittersysteme eingeteilt.
Einteilung der Antidepressiva
nach chemischer Struktur und Wirkprinzip
Gruppe | Wirkprinzip | Substanzen |
TZA | Nichtselektive Monoamin-Wiederaufnahme-Hemmung oder Rezeptor-Antagonismus | Imipramin, Clomipramin, Doxepin, Amitriptylin, Desipramin, Nortriptylin |
SSRI | Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmung | Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Citalopram, Sertralin, Escitalopram |
SSNRI | Selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmung | Venlafaxin, Duloxetin |
NaSSA | Noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva | Mirtazapin |
MAOH | Monoaminooxidase-Hemmung | Moclobemid, Tranylcypromin |
NDRI | Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahme-Hemmung | Bupropion |
MRA | Melatonin-Rezeptor-Agonist | Agomelatin |
SRE (SSRE) | Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Verbesserung | Tianeptin |
Trizyklische Antidepressiva waren die ersten, die entwickelt wurden. In der Regel wirken sie sowohl am serotonergen als auch am noradrenergen System, allerdings unterschiedlich stark. Zudem unterscheiden sie sich bezüglich des Ausmaßes ihrer anticholinergen und antihistaminergen Nebenwirkungen.
Da sowohl die Wirkweise als auch das Nebenwirkungsprofil der Substanzen ähnlich ist, sind sie untereinander austauschbar. Je nachdem, ob der Patient eher unter Schlafstörungen, Angst und Unruhe leidet, oder ob eine Antriebsstörung im Vordergrund steht, entscheidet man sich entweder für eine sedierende, also schlaffördernde Substanz oder für eine stimulierende.
In der Praxis zeigt sich, dass manche Patienten auf eine eigentlich antriebssteigernde Medikation mit Müdigkeit reagieren; und umgekehrt. Bei älteren Patienten ist wegen der relativ großen Gefahr schwerwiegender Nebenwirkungen besondere Vorsicht geboten. Vor allem sedierende TZA sollten beim Vorliegen altersbedingter Begleiterkrankungen eher vermieden werden.
Der typische Beipackzettel eines TZA benennt mehr als 80 Nebenwirkungen. Sie lassen sich nach Häufigkeit oder Gefährlichkeit gruppieren.
Mundtrockenheit, Schnupfen, verschwommenes Sehen, Störungen beim Wasserlassen, Verstopfung, Müdigkeit, Gewichtszunahme, sexuelle Funktionsstörungen, Blutdrucksenkung, Schwindel, beschleunigter Puls, Schwitzen, innere Unruhe, Anstieg der Leberwerte, Schlafstörungen, Tinnitus und andere mehr.
Störungen der Blutdruckregulation mit Kollaps, Verwirrtheit bei älteren Patienten, Allergien, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Blutdrucksteigerungen, Darmverschluss, Störungen der Blutbildung, Harnverhalt, Leberfunktionsstörungen, Psychose, Schock, Zusammenbruch der Immunabwehr und andere mehr.
Da die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen bei bestimmten Krankheiten erhöht ist, sollte beim Vorliegen einer solchen Erkrankung ganz auf TZA verzichtet werden. Zu diesen Krankheiten gehören (unter anderen):
Wie bei allen Psychopharmaka gibt es auch zwischen TZA und anderen Medikamenten mögliche Wechselwirkungen. Manche sind gefährlich. Vor der Anwendung eines Antidepressivums sollten mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bedacht werden.
Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer sind neuere Entwicklungen. Sie greifen selektiver, als es die TZA in der Regel tun, in den Stoffwechsel des Botenstoffs Serotonin ein und haben deshalb ein anderes Nebenwirkungsprofil.
SSRI
Ein großer Vorteil dieser Substanzen besteht darin, dass sie keine oder fast keine anticholinergen und antihistaminergen Nebenwirkungen verursachen. Sie sind daher vor allem bei Überdosierungen weit weniger gefährlich als die TZA. Insgesamt wirken sie weniger dämpfend, was für Berufstätige von Vorteil ist. Meist wird die Verkehrstauglichkeit durch diese Substanzen weniger beeinträchtigt; was aber nicht regelhaft so ist. Bei etlichen Patienten wirken auch diese Substanzen sedierend; und beeinträchtigen somit die Reaktionsgeschwindigkeit und die Konzentrationsfähigkeit.
Beim plötzlichen Absetzen von SSRI sind sogenannte Absetzphänomene recht häufig. Dazu gehören folgende Symptome:
Zur Vermeidung solcher Symptome sollten SSRI möglichst ausgeschlichen werden. Während es lange Zeit hieß, Absetzphänomene klingen stets nach einigen Tagen ab, geht man heute davon aus, dass sie auch längere Zeit fortbestehen können.
Der typische Beipackzettel eines SSRI zählt mehr als 70 mögliche Nebenwirkungen auf. Sie lassen sich nach Häufigkeit oder nach Gefährlichkeit gruppieren.
Übelkeit, Sexuelle Funktionsstörungen, verminderter Appetit, Schlafstörungen, Müdigkeit, Schwindel, Zittern, Verstopfung, Durchfall, Gewichtszunahme, Schwitzen und andere mehr.
Abnorme Blutungen (Magen-Darm-Trakt, Hirnblutungen, besonders in Kombination mit NSRA), Blutbildungsstörungen, Leberfunktionsstörungen, Verwirrtheit, Halluzinationen, akutes Glaukom, Priapismus (gefährliche Dauererektion), Serotoninsyndrom (Agitiertheit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Hyperreflexie, Myoklonus, Schüttelfrost, Tachykardie, Tremor) und andere mehr.
Verminderung der Samenqualität und damit Verminderung der Fruchtbarkeit
Von besonderer Bedeutung sind sexuelle Funktionsstörungen. Das Unvermögen, sexuell zu reagieren (Verlust der Libido, also des sexuellen Verlangens) oder Funktionsstörungen (z.B. Erektionsstörungen) kann zur Absenkung des Selbstwertempfindens führen und dadurch depressive Reaktionen sogar fördern. Während es früher hieß, solche Störungen träten nur so lange auf, wie man die Substanz einnimmt, liegen nun Berichte darüber vor, dass sexuelle Funktionsstörungen auch nach Absetzen der Medikation anhalten können (z.B. Rebecca Diane Stinson: The impact of persistent sexual side effects of selective serotonin reuptake inhibitors after discontinuing treatment: a qualitative study).
Da das Risiko gefährlicher Nebenwirkungen bei bestimmten Krankheiten erhöht ist, sollten SSRI beim Vorliegen einer solchen Erkrankung nur mit großer Vorsicht eingenommen werden. Zu diesen Krankheiten gehören (unter anderen):
Die Gefahr einer erhöhten Krampfbereitschaft wird durch neuere Studien infrage gestellt. Sie ist jedoch nicht auszuschließen.
Die Gruppe der SSNRI umfasst drei Substanzen: Venlafaxin, Milnacipran und Duloxetin. Alle drei greifen sowohl in den Stoffwechsel des Serotonins als auch in den des Noradrenalins ein. Im Gegensatz zu den TZA, von denen viele ähnlich wirken, sind die Einwirkungen der SSNRI auf andere Transmittersysteme schwächer. Daher werden sie als selektiv bezeichnet und haben insgesamt weniger Nebenwirkungen.
Die Rezeptoraffinitäten, also die Intensität, mit der die Substanzen Transmittersysteme beeinflussen ist unterschiedlich. Venlafaxin bindet fast ausschließlich an serotonerge Rezeptoren, Milnacipran zu einem erheblichen Teil auch an noradrenerge. Duloxetin liegt dazwischen.
Rezeptoraffinitäten der SSNRI | ||||||||||
Venlafaxin | serotonerg | |||||||||
Duloxetin | ||||||||||
Milnacipran | noradrenerg |
Das führt dazu, das Venlafaxin in niedriger Dosierung quasi wie ein SSRI wirkt.
Der Beipackzettel der SSNRI nennt ca. 90 mögliche Nebenwirkungen.
Müdigkeit, Blutdruckanstieg, Mundtrockenheit, Verstopfung, Nervosität, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Schwitzen, sexuelle Funktionsstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Herzklopfen, Durchfall, Gewichtszunahme oder -abnahme, verschwommenes Sehen, Zittern, Ausschlag, Appetitzunahme, Angst und andere mehr.
Blutbildungsstörungen, Blutdruckregulationsstörungen, epileptische Anfälle, Herzrhythmusstörungen, Leberfunktionsstörungen, Erhöhung der Blutfette, Serotoninsyndrom (Agitiertheit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Hyperreflexie, Myoklonus, Schüttelfrost, Tachykardie, Tremor) und andere mehr.
Milnacipran wird nicht über die Leber verstoffwechselt. Daher sind weniger Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu erwarten. Da Milnacipran über die Nieren ausgeschieden wird, sind bei Niereninsuffizienz geringere Dosierungen anzuwenden.
Da die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen bei bestimmten Krankheiten erhöht ist, sollten bei Vorliegen einer solchen Erkrankung SSNRI nur mit großer Vorsicht eingenommen werden. Zu nennen sind insbesondere:
Bei Venlafaxin und Duloxetin ist mit relativ starken Absetzphänomenen zu rechnen. Daher sollten beide Substanzen immer ausgeschlichen werden.
Zur Gruppe der MAO-Hemmer gehören Moclobemid und Tranylcypromin. MAOH schwächen die Wirkung der Monoaminooxidase. Dieses Enzym ist für den Abbau der Botenstoffe verantwortlich. Durch die Hemmung des Enzyms, steigt der Spiegel der Botenstoffe an und verbessert in der Folge die Informationsübertragung zwischen den Hirnzellen.
Moclobemid ist ein reversibler MAO-Hemmer, Tranylcypromin wirkt irreversibel. Irreversibel heißt, dass sich Tranylcypromin unauflöslich an das Enzym bindet, während die Bindung des Moclobemid locker bleibt. In der Folge ist die Wirkung des Tranylcypromin wuchtiger. Sie birgt eine größere Gefahr schwerer Nebenwirkungen.
Da es unter Tranylcypromin beim Verzehr tyraminhaltiger Nahrungsmittel zu massiven Erhöhungen des Blutdrucks kommen kann, muss während der Behandlung eine streng tyraminarme Diät eingehalten werden.
Hoher Tyramingehalt | Zusätzlich zu vermeiden |
|
|
Unter Moclobemid ist diese Gefahr kaum ausgeprägt, eine gewisse Vorsicht beim Verzehr entsprechender Nahrungsmittel ist trotzdem sinnvoll.
Wegen der Gefahr schwerer Wechselwirkungen sollten MAOH nicht mit anderen Antidepressiva, insbesondere nicht mit TZA, SSRI und SSNRI kombiniert werden.
Bei einer Umstellung sind Wartezeiten zu beachten, damit sich die Substanzen nicht im Körper begegnen. Die Wartezeiten - auch Karenzzeiten genannt - hängen von der Abbaugeschwindigkeit der Medikamente ab. Die Abbaugeschwindigkeit wird durch die Halbwertzeit bestimmt.
Halbwertzeiten (HWZ) der Antidepressiva
h = Stunden t = Tage
Gruppe | Substanz | HWZ |
TZA | Amitriptylin Doxepin Imipramin Clomipramin Desipramin Nortriptylin |
10-30 h 8-30 h 10-25 h 16-60 h 15-30 h 25-35 h |
SSRI | Citalopram Fluoxetin Fluvoxamin Paroxetin Sertralin Escitalopram |
20-30 h 6-15 t 15-25 h 8-30 h 20-30 h 20-30 h |
SSNRI | Venlafaxin Duloxetin Milnacipran |
14-18 h 9-19 h 8 h |
SRE | Tianeptin | 2,5 hDie Halbwertzeit steigt bei Niereninsuffizienz und bei über 70-jährigen Patienten auf bis zu 9 h an. |
NaSSA | Mirtazapin | 20-40 h |
MAOH | Moclobemid Tranylcypromin |
2-7 h 2-3 h |
NDRI | Bupropion | 5-8 h |
MRA | Agomelatin | 1-2 h |
Andere | Trazodon Trimipramin Maprotilin |
4-8 h 10-20 h 20-60 h |
Neben den bisher genannten Substanzen gibt es weitere Antidepressiva. Dazu gehören: Maprotilin, Trazodon, Agomelatin, Mirtazapin und Tianeptin. Eine neuere Entwicklung ist Bupropion.
Maprotilin ist zwar nicht trizyklisch, sondern tetrazyklisch, es ähnelt aber bezüglich seiner Wirkweise und seines Nebenwirkungsprofils in vielem den sedierenden TZA.
Trazodon ist eine angstlösende und sedierende Substanz. Wie Moclobemid kann sie auch bei Patienten mit Grünem Star und Prostatavergrößerung gegeben werden.
Mirtazapin ähnelt in seinen Wirkungen in vielem den sedierenden TZA, hat aber insgesamt weniger Nebenwirkungen. Vor allem die Gefahr von Herzrhythmusstörungen, Kreislaufstörungen, Harnverhalt, Grünem Star und sexuellen Funktionsstörungen ist geringer. Es kann daher überall dort eingesetzt werden, wo eine schlaffördernde Wirkung erwünscht ist.
Müdigkeit, Blutdrucksenkung.
Blutbildungsstörungen, Gelbsucht, Störung der Blutdruckregulation, epileptische Anfälle, Herzrhythmusstörungen, Leberfunktionsstörungen und andere mehr.
Da die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen bei bestimmten Krankheiten erhöht ist, sollte bei Vorliegen einer solchen Erkrankung Mirtazapin nur mit großer Vorsicht eingenommen werden. Zu diesen Krankheiten gehören (unter anderen!):
Auch bei Mirtazapin ist bei plötzlichem Absetzen nach längerer Behandlung mit Schwindel, Kopfschmerzen und Unwohlsein zu rechnen.
Agomelatin greift in den Stoffwechsel des körpereigenen Hormons Melatonin ein. Im Gegensatz zu anderen Antidepressiva wird bei dieser Substanz kein Wirkspiegel aufgebaut, sondern impulsartig in den Tagesrhythmus des Hormonspiegels eingegriffen. Daher wird es einmal täglich beim Zubettgehen eingenommen.
Müdigkeit, Verstopfung, Nervosität, Schlafstörungen, Kopfschmerzen / Migräne, Schwindel, Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall, verschwommenes Sehen, Zittern, Ausschlag, Rückenschmerzen, Angst und andere mehr.
Verstärkung von Selbstmordgedanken, Leberentzündung.
Als Vorteil der Substanz gilt, dass bislang keine Absetzphänomene bei plötzlichem Absetzen beobachtet wurden (Henssler et al.: Absetz- und Rebound-Phänomene bei Antidepressiva, Deutsches Ärzteblatt 2019).
Das Wirkprinzip des Tianeptin ist umstritten. Formell wird es als (selektiver) Serotonin-Reuptake-Enhancer (to enhance = verbessern) aufgefasst. Andere Befunde deuten darauf hin, dass es am glutamatergen Transmittersystem ansetzt; oder aber an der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse. Da sich die Substanz als Agonist des μ-Opioid-Rezeptors erwiesen hat, könnte ihre entlastende Wirkung auch diesem Wirkmechanismus zugeschrieben werden.
Appetitverlust, Albträume, Schlafstörungen, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Zittern, Hitzewallungen, Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen, beschleunigter Puls, Brustschmerzen und andere mehr.
Verstärkung von Selbstmordgedanken, Kreislaufkollaps.
Da es über die Niere ausgeschieden, aber nicht durch das Cytochrom-P-450-Enzymsystem abgebaut wird, gilt Tianeptin bislang als relativ unproblematisch, was Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten betrifft. Daraus könnte ein besonderes Einsatzgebiet bei solchen Patienten abgeleitet werden, die eine Vielzahl anderer Medikamente einnehmen. Im Gegensatz zu anderen Antidepressiva besteht bei Tianeptin eine echte Suchtgefahr mit Toleranzentwicklung. Nach längerem Gebrauch ist mit Entzugserscheinungen zu rechnen.
Nicht jede Depression, nicht jede Angst- oder Zwangssymptomatik muss medikamentös behandelt werden. Eine Reihe von Faktoren spricht für den Einsatz eines Medikaments, eine Reihe anderer spricht dagegen. In der Praxis ist in Absprache mit dem Patienten individuell zu entscheiden.
Antidepressiva helfen - sofern sie es tun - in der Regel nach 1-3 Wochen. Ist eine möglichst rasche Besserung der Symptome vordringlich, weil andernfalls soziale Folgeschäden drohen, erscheint ein Verzicht auf einen medikamentösen Behandlungsversuch fragwürdig.
Argumente für und wider den Einsatz von Antidepressiva
Eher dafür | Eher dagegen |
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Hat man sich zur Behandlung mit einem Antidepressivum entschieden, steht man vor der Wahl des Präparats. Dabei sind folgende Kriterien maßgeblich:
Um die Wirksamkeit von Antidepressiva zu vergleichen, wurde eine Menge Studien durchgeführt. Die Ergebnisse sind uneinheitlich. Je nachdem welche Substanzen verglichen werden, wird einmal der einen Substanz, dann der anderen eine bessere Wirksamkeit bescheinigt. Erschwert wird der Vergleich durch Verzerrungen, die durch die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller verursacht werden.
Streubreiten
In Vergleichsstudien zur Wirksamkeit antidepressiver Substanzen sind Streubreiten von 0,60-1,80 gängig. Ein Wert von 1,00 heißt: Substanz A ist ebenso wirksam wie Substanz B.
Individualität
Die Wirksamkeit einer Substanz beim konkreten Patienten hängt ebenso von der Eigenart seines individuellen Stoffwechsels ab wie vom Charakter seiner Depressivität. Ein unruhiger und schlafgestörter Patient profitiert womöglich von einer dämpfenden Substanz. Steht Antriebslosigkeit im Vordergrund, ist eine stimulierende Substanz vermutlich besser. Und außerdem: Was bei einem Patienten wirkt, verpufft beim anderen ohne Effekt; oder schadet sogar. Eine Substanz als stark oder schwach zu bezeichnen, macht nur wenig Sinn.
Üblicherweise bringen Hersteller mehrere Studien zum Wirksamkeitsnachweis auf den Weg. Die günstigen Resultate werden veröffentlicht, die anderen nicht. Dadurch werden die Wirksamkeitsquoten geschönt.
Insgesamt gilt: Eine Substanz, die sich in Sachen Wirksamkeit aus dem Feld der übrigen eindeutig abhebt, ist noch nicht gefunden. Bei der Wahl des Präparats spielen Wirksamkeitsvorteile, wie sie je nach Studie der einen oder der anderen Substanz bescheinigt werden, nur eine zweitrangige Rolle.
Im konkreten Fall sind Nebenwirkungsprofil, Kontraindikationen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten für die Wahl des Präparats meist von größerer Bedeutung.
Steht ein Antriebsmangel im Vordergrund wird man eine Substanz mit stimulierenden Nebenwirkungen wählen. Leidet der Patient vor allem unter Unruhe und Schlafstörungen, entscheidet man sich für eine sedierende Substanz.
Vor allem ältere Patienten leiden parallel zur Depression oft unter körperlichen Erkrankungen, die die Anwendung von Antidepressiva einschränken. Meist werden sie mit anderen Medikamenten behandelt. Wegen möglicher Wechselwirkungen gibt es dann bedeutsame Einschränkungen bei der Auswahl denkbarer Medikamente.
Viele Antidepressiva stehen im Verdacht, die QT-Zeit zu verlängern und das Risiko von Rhythmusstörungen zu erhöhen. Allerdings scheint das Risiko je nach Substanz unterschiedlich hoch zu sein.
Bei der Auswertung von fast 40000 Patientenakten (Castro VM, Clements CC, Murphy SN et al.: QT interval and antidepressant use; BMJ 2013; 346: f288) zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang für Citalopram, Escitalopram und Amitriptylin. Für Duloxetin, Fluoxetin, Mirtazapin, Nortriptylin, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin ergaben sich keine statistisch nachweisbaren Befunde. Bupropion scheint die QT-Zeit sogar zu verringern.Andere Studien (z.B. Etienne Delacrétaz: Medikamente und verlängertes QT-Intervall; Schweiz Med Forum 2007 sowie Wenzel-Seifert K, Wittmann M, Haen E: QTc prolongation by psychotropic drugs and the risk of torsade de pointes. Dtsch Arztebl Int 2011) legen eine größere Vorsicht nahe. Sie sehen eine Gefahr auch bei Substanzen, die in der zuerst genannten Auswertung als unbedenklich erscheinen.
Obwohl die Wahl des Präparats letztendlich individuell zu treffen ist, sind Leitlinien (z.B. ⇗S3-Leitlinie) und entsprechende Empfehlungen (z.B. durch Cipriani et al.) formuliert worden, die ein Richtmaß für all jene Fälle geben, bei denen nichts gegen die Anwendung der Empfehlungen spricht.
Demnach erscheint folgendes Vorgehen sinnvoll (Stand 2021):
Um die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen zu vermindern, ist es sinnvoll, vor und während einer Behandlung mit Antidepressiva Routineuntersuchungen durchzuführen. Art und Häufigkeit hängen von der eingesetzten Substanz ab.
Wohlgemerkt
Die empfehlenswerte Häufigkeit von Routineuntersuchungen ist nur teilweise empirisch belegt. Teils beruhen die Empfehlungen auf subjektiven Einschätzungen erfahrener Kliniker. Die tatsächliche Häufigkeit wird im Einzelfall zwischen Arzt und Patient vereinbart.
Folgende Tabelle gibt einen Überblick empfohlener Untersuchungen (Gemäß Otto Benkert und Hanns Hippius: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, Springer 2009, modifiziert durch erweiterte Angaben für Agomelatin).
Routineuntersuchungen beim Einsatz von Antidepressiva | ||||||||
vor Beginn | 1. Monat |
2. Monat |
3. Monat |
4.-5. Monat |
6. Monat |
ab dann | ||
TZA | ||||||||
Blutbild | x | xx | xx | xx | x | x | alle drei Monate | |
Leberwerte GOT, GPT, y-GT |
x | x | x | x | x | alle drei Monate | ||
Nierenwert Kreatinin |
x | x | x | x | alle sechs Monate | |||
EKG | x | x | x | d | ||||
EEG | x | a | ||||||
SSRI | ||||||||
Blutbild | x | x | x | alle 6-12 Monate | ||||
Leberwerte GOT, GPT, y-GT |
x | x | x | alle 6-12 Monate | ||||
Nierenwert Kreatinin |
x | x | x | alle 6-12 Monate | ||||
EKG | b | b | c | |||||
Natrium | x | x | monatlich bei Patienten über 60 | alle drei Monate bei Patienten über 60 | ||||
Agomelatin | ||||||||
Blutbild | x | x | x | alle 6-12 Monate | ||||
Leberwerte GOT, GPT, y-GT |
x | 3. Woche |
6. Woche |
12. Woche |
24. Woche |
alle drei Monate | ||
Nierenwert Kreatinin |
x | x | x | alle 6-12 Monate | ||||
EKG | x | b | c | |||||
Natrium | x | x | monatlich bei Patienten über 60 | alle drei Monate bei Patienten über 60 | ||||
andere Substanzen | ||||||||
Blutbild | x | x | x | alle 6-12 Monate | ||||
Leberwerte GOT, GPT, y-GT |
x | x | x | alle 6-12 Monate | ||||
Nierenwert Kreatinin |
x | x | x | alle 6-12 Monate | ||||
EKG | b | b | c | |||||
Natrium | x | x | monatlich bei Patienten über 60 | alle drei Monate bei Patienten über 60 | ||||
|
Die Zahl der Routineuntersuchungen nach dem 6. Monat richtet sich zum Teil nach dem Ausgang der Voruntersuchungen. Traten dabei keine bemerkenswerten Auffälligkeiten auf, können längere Intervalle, z. B. 12 Monate, gewählt werden.
Ein häufiges Problem der Behandlung mit Antidepressiva ist die Therapieresistenz. Darunter versteht man die Unwirksamkeit einer oder mehrerer therapeutischer Ansätze. Sollte ein erstes Medikament nicht helfen (Non-response auf Monotherapie), stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
Studien zeigen, dass die Erfolgsaussichten dieser Ansätze unterschiedlich sind.
Erfolgsquoten bei Monotherapie
(Medikation mit einer Substanz)
Bei allen Substanzen hängt die Wirkstärke von der Dosis ab. Das heißt aber keineswegs: Je mehr desto besser. Für jede Substanz gibt es Standarddosierungen, die zunächst verabreicht werden. Bei einigen Substanzen sind bessere Wirkungen zu erwarten, wenn man die Dosis darüber hinaus steigert; bei anderen nicht.
Behandlung mit höherer Dosis... | |
Effekt nachgewiesen | Effekt nicht nachgewiesen |
|
|
Für den Sinn erhöhter Dosen der übrigen Substanzen liegen keine ausreichenden Belege vor.
Im psychiatrischen Alltag werden Antidepressiva oft gewechselt. Sinnvoll ist das vor allem bei Unverträglichkeit. Oft wird aber auch gewechselt, weil man von der Wirkung enttäuscht ist. Der Sinn solcher Wechsel ist wissenschaftlich nicht belegt.
Pseudo-Wirksamkeit
Viele Depressionen verlaufen zyklisch: Sie kommen und gehen - auch ohne Medikamente. Da man pro Substanz etwa drei Wochen braucht, um ihre Wirksamkeit abzuschätzen, kann es sein, dass die Depression auf die x-te Substanz scheinbar anspricht. In Wirklichkeit hat die Besserung andere Ursachen. Trotzdem glaubt man an das eingesetzte Mittel.
Hat man zwei bis drei Substanzen ausprobiert, ohne dass es dem Patienten besser geht, kann man in der Regel auf den nächsten Versuch verzichten.
Eine weitere Strategie bei mangelnder Wirksamkeit eines Antidepressivums ist die Kombination mit einem zweiten. Einige Studien konnten dabei Vorteile einer Kombination aufzeigen. Allerdings gilt das nicht für alle Kombinationen. Die Kombination von MAO-Hemmern mit anderen Substanzen sollte grundsätzlich vermieden werden. Relativ viele Hinweise gibt es für den Sinn einer Kombination von SSRI oder TZA mit Mirtazapin bzw. Trazodon. Folgende Tabelle gibt einen Überblick.
Kombination von Antidepressiva | |||||
TZA | SSRI | MAOH | Mirtazapin | Trazodon | |
TZA | + | - | - | + | + |
SSRI | - | - | - | + | + |
MAOH | - | - | - | - | - |
Mirtazapin | + | + | - | - | - |
Trazodon | + | + | - | - | - |
Neben der Kombination zweier Antidepressiva ist auch die Kombination eines Antidepressivums mit anderen Medikamenten erprobt. Infrage kommen laut S3-Leitlinie der DGPPN 2015...
Am besten belegt ist die Wirkung einer Zugabe von Lithium. An eine Lithiumaugmentation ist besonders bei Depressionen im Rahmen einer bipolaren Störung zu denken, da Lithium auch antimanisch wirkt. Zudem schützt Lithium gegen die Umsetzung von Selbstmordimpulsen.
Positive Hinweise gibt es auch für den Einsatz atypischer Neuroleptika. Zu denken ist an Olanzapin, Quetiapin, Risperidon oder Aripiprazol. Zur Augmentation wird man in der Regel niedrige Dosen verwenden.
Für die früher häufiger angewandte Augmentation mit Schilddrüsenhormonen (Trijodthyronin oder L-Thyroxin) gibt es ebenfalls positive Studienergebnisse. Allerdings scheinen für einen Erfolg eher hohe Dosierungen notwendig zu sein.
Buspiron ist eine angstlösende Substanz. Es gibt Hinweise darauf, dass sie vor allem in Kombination mit SSRI bei schweren, ängstlich-gefärbten Depressionen nützlich sein kann (Appelberg, BG: Patients with severe depression may benefit from Buspirone augmentation of selective Serotonin reuptake inhibitors; Journal of Clinical Psychiatry 2001).
Wie viele andere Pharmaka, so werden auch Antidepressiva von den Enzymen der Cytochrom-P-450-Gruppe abgebaut. Die Effektivität dieser Enzyme hängt von genetischen Varianten ab, die von Person zu Person unterschiedlich starke Enzymaktivitäten bewirken. Deshalb ist das Tempo der Substanzbeseitigung aus dem Organismus variabel. Man unterscheidet...
Antidepressiva werden durch mehrere Cytochrom-Varianten abgebaut.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick.
Antidepressiva werden abgebaut durch...
Cytochrom P | 2D6 | 2C19 | 1A2 | 3A4 | 2C9 |
Amitriptylin | + | + | + | + | |
Citalopram Escitalopram |
+ | + | + | ||
Clomipramin | + | + | + | ||
Doxepin | + | + | + | + | |
Fluoxetin | + | + | + | + | |
Fluvoxamin | + | + | |||
Imipramin | + | + | + | ||
Maprotilin | + | ||||
Mirtazapin | + | + | + | ||
Nortriptylin | + | ||||
Paroxetin | + | + | |||
Trimipramin | + | + | |||
Venlafaxin | + | + |
Quelle: ⇗Pharmazeutische Zeitung (Ausgabe 47/2009)
Es gibt zwei bedeutsame genetische Varianten:
Etwa 7% der Bevölkerung hat eine stark verminderte P2D6-Aktivität. Substanzen, die von diesem Cytochrom metabolisiert werden, können sich daher bei normaler Dosierung im Körper anhäufen.
Etwa 5% haben stark erhöhte P2C19-Aktivität. Bei normaler Dosierung kommt es bei ihnen zu Wirkverlust oder völligem Ausbleiben der Wirkung, da keine wirksamen Spiegel aufgebaut werden.
Liegen beide Genvarianten vor, können sich die Wirkungen gegenseitig aufheben.
Generell ist bei der Behandlung zu beachten:
Da beim einzelnen Patienten in der Regel nicht bekannt ist, zu welcher Gruppe er gehört, ist es sinnvoll, bei der Verwendung der tabellarisch aufgeführten Substanzen mit niedrigen Dosen zu beginnen. Bleiben bedenkliche Nebenwirkungen aus, kann die Dosis gesteigert werden; gegebenenfalls auf das 1,5-fache der Standard-Dosis.
Um bei guter Verträglichkeit die beste Wirkung zu erzielen, ist es sinnvoll, bei der Behandlung mit Psychopharmaka das zeitliche Verhältnis zwischen Einnahme, Tageszeit und Nahrungsaufnahme zu beachten. Vor allem sedierende Substanzen nimmt man besser abends oder zur Nacht ein. Für Antidepressiva sind folgende Richtlinien zu nennen.
Nahrungsaufnahme und Einnahmezeitpunkt
Substanz | Verhältnis... | |
... zur Nahrungsaufnahme | ... zur Tageszeit | |
TZA | ||
Amitriptylin, Clomipramin, Desipramin, Doxepin, Imipramin, Nortriptylin | unabhängig von der Nahrungsaufnahme | sedierende Substanzen eher abends oder zur Nacht |
SSRI | ||
Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin | unabhängig von den Mahlzeiten | in der Regel morgens zum Frühstück, bei individuell sedierender Wirkung auch zur Nacht |
SSNRI | ||
Venlafaxin | verträglicher bei Einnahme zu den Mahlzeiten | Hauptdosis eher morgens |
Duloxetin | unabhängig von der Nahrungsaufnahme | eher morgens |
Milnacipran | verträglicher bei Einnahme zu den Mahlzeiten | 2 x täglich |
MAO-Hemmer | ||
Tranylcypromin | unabhängig von der Nahrungsaufnahme | nicht nach 15 Uhr |
Moclobemid | zur Mahlzeit | morgens |
andere Wirkstoffe | ||
Maprotilin | unabhängig von der Nahrungsaufnahme | abends oder zur Nacht |
Mirtazapin | unabhängig von der Nahrungsaufnahme | abends oder zur Nacht |
Trazodon | direkt nach dem Essen | abends oder zur Nacht |
Trimipramin | während oder nach dem Essen | Hauptdosis abends oder zur Nacht |
Bupropion | unabhängig von der Nahrungsaufnahme | morgens |
Agomelatin | unabhängig von der Nahrungsaufnahme | abends |
Johanniskraut | verträglicher bei Einnahme zu den Mahlzeiten | individuell |