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Beruhigungsmittel werden auch Tranquilizer (lateinisch tranquilitas = Ruhe) oder Anxiolytika (lateinisch anxietas = Angst und griechisch lysis [λυσις] = Auflösung) genannt. Sie bilden eine uneinheitliche Gruppe von Medikamenten. Zu den Tranquilizern zählen:
Da auch andere Pharmaka angstlösende und beruhigende Wirkungen haben, werden auch sie als Beruhigungsmittel eingesetzt, obwohl man sie nicht zu den Tranquilizern rechnet. Zu nennen sind:
Im medizinischen Alltag hat es sich eingebürgert, den Begriff Tranquilizer weitgehend mit der Substanzgruppe der Benzodiazepine gleichzusetzen.
Alle Benzodiazepine sind Abwandlungen der Muttersubstanz Chlordiazepoxid, die ursprünglich als Lösung aller Angstprobleme gefeiert wurde. Bald stellte sich heraus, dass Chlordiazepoxid ebenso schnell süchtig macht wie seine Abwandlungen. Seitdem ist man mit dem Einsatz der Benzodiazepine zurückhaltend geworden.
Wirkungen und Einsatzgebiete der Benzodiazepine
Wirkung | Einsatzgebiet |
angstlösend | Generalisierte Angststörung, Soziale Phobie, Panikattacken, Flugangst, Ängste bei Psychosen und Depressionen |
schlaffördernd | Schlafstörungen |
krampflösend | Epilepsie |
muskelentspannend | Muskelverspannungen |
Benzodiazepine docken im Gehirn an sogenannten GABA-Rezeptoren an. Die Reizung dieser Rezeptoren führt zu einer verminderten Erregbarkeit vieler Hirnareale. Dadurch kommt es zur Beruhigung. Da GABA-Rezeptoren in die Steuerung verschiedener Hirnfunktionen eingreifen, haben Benzodiazepine ein breites Wirkungsspektrum. Sie wirken...
Aus den verschiedenen Wirkungen ergeben sich die medizinischen Einsatzgebiete.
Benzodiazepine unterscheiden sich in der Dauer ihrer Wirkung. Wie lange eine Substanz wirkt, hängt von folgenden Faktoren ab:
Einteilung der Benzodiazepine nach Wirkdauer
Substanz | Halbwertzeit (Stunden) | Halbwertzeit aktiver Metabolite (Name und Stunden) |
Wirkdauer: kurz | ||
Brotizolam | 4-7 | Hydroxybrotizolam: 4-7 |
Midazolam | 1-3 | - |
Triazolam | 2-3 | Hydroxytriazolam: 4-6 |
Wirkdauer: mittel | ||
Lorazepam | 10-18 | - |
Lormetazepam | 6-16 | - |
Oxazepam | 4-15 | - |
Wirkdauer: lang | ||
Bromazepam | 15-25 | - |
Chlordiazepoxid | 10-25 | Demoxepam: 40-50 Nordazepam: 30-200 |
Clobazam | 10-60 | Desmethylclobazam: 50-100 |
Clonazepam | 30-50 | - |
Diazepam | 20-40 | Nordazepam: 30-200 Oxazepam: 4-15 |
Dikaliumclorazepat | 1-2 | Nordazepam: 30-200 |
Flurazepam | 1-2 | Desalkylflurazepam: 40-250 |
Flunitrazepam | 10-25 | Desmethylflunitrazepam: 20-30 |
Prazepam | 1-2 | Nordazepam: 30-200 Oxazepam: 4-16 |
Als Halbwertzeit bezeichnet man die Zeit, die der Körper braucht, um 50% einer Substanz auszuscheiden oder in ein wirkungsloses Stoffwechselprodukt (= Metabolit) abzubauen.
Metabolite sind die Abbauprodukte des körpereigenen Stoffwechsels. Aktiv nennt man einen Metaboliten, wenn er eine eigene Wirkung hat. Die aktiven Metaboliten der Benzodiazepine stimulieren wie ihre Muttersubstanzen den GABA-Rezeptor. Die Wirkdauer lang wirksamer Benzodiazepine wird mehr durch die Metaboliten als durch die Muttersubstanz bestimmt.
Abgesehen von der Gefahr von Abhängigkeitsentwicklungen sind Benzodiazepine meist gut verträglich. Aber auch sie können zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Dazu gehören unter anderem:
Nach langdauernder Einnahme von Benzodiazepinen entwickelt sich meist ein Abhängigkeitssyndrom. Dann ist bei plötzlichem Absetzen mit Entzugserscheinungen zu rechnen. Das ist ein großes Problem. Es führt dazu, dass man die Anwendungsdauer der Benzodiazepine in der Regel beschränken sollte.
Warnsignale einer Suchtentwicklung
Wirkverlust | Die bisherige Dosis wirkt immer weniger. |
Mengensteigerung | Wegen des Wirkverlusts ist man versucht, die Dosis zu steigern. |
Kontrollverlust | Man nimmt mehr ein, als man eigentlich geplant hatte. Man nimmt früher ein, als verordnet. |
Gedankliche Einengung | Man beschäftig sich zunehmend mit der Frage, ob man noch genug Substanz zur Verfügung hat. Andere Themen treten in den Hintergrund. |
Gleichgültigkeit | Man konsumiert, obwohl man schädliche Nebenwirkungen feststellt. |
Entzugserscheinungen | Sinkt der Blutspiegel, kommt es zu Entzugserscheinungen. |
Verdrängung warnender Botschaften | Ihr Arzt meldet bei neuen Rezeptwünschen Bedenken an. Sie müssen ihn erst überreden. Sie wechseln den Arzt, um den Widerstand zu umgehen. |
Ist eine Abhängigkeit entstanden, kommt es bei Dosisreduktion oder Wegfall der Medikation zu Entzugserscheinungen. Diese können in zwei Gruppen eingeteilt werden:
Symptome, die vor der Substanzeinnahme bereits vorhanden waren und nun erneut oder verstärkt auftreten
neue Symptome, die als schwere und gefährliche Entzugserscheinungen aufzufassen sind
Entzugserscheinungen bei Benzodiazepin-Sucht
Bekannte Symptome | Neue Symptome |
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Obwohl Benzodiazepine meist gut verträglich sind, sollten sie bei bestimmten Vorerkrankungen ganz gemieden werden. Dazu gehören insbesondere:
Benzodiazepine führen zu Wechselwirkungen, wenn man sie gleichzeitig mit anderen Medikamenten einnimmt. Daraus ergeben sich weitere Einschränkungen ihrer Anwendbarkeit.
Neben den Benzodiazepinen gibt es eine uneinheitliche Gruppe weiterer Substanzen mit angstlösenden und entspannenden Wirkungen. Zu nennen sind Buspiron, Opipramol und Hydroxyzin. Die Wirkungen dieser Substanzen ist weniger zuverlässig als die der Benzodiazepine. Ihr Vorteil liegt in der fehlenden Suchtgefahr. Bei unspezifischen Angst- und Spannungszuständen ist ein Behandlungsversuch sinnvoll.
Während die drei genannten Substanzen synthetisch sind, sind ausgeprägt angstlösende Wirkungen auch von pflanzlichen Wirkstoffen bekannt. Hervorzuheben ist Lavendelöl, für das in Untersuchungen eine vergleichbare Wirksamkeit wie für Lorazepam nachgewiesen werden konnte.