Persönlichkeitsstörungen


  1. Störung oder Normvariante
  2. Ursachen
  3. Typische Persönlichkeitsvarianten
  4. Schizotype (Persönlichkeits-)Störung
  5. Multiple Persönlichkeit / Dissoziative Identitätsstörung
  6. Behandlung
  7. Fließende Authentizität

Synonyme

Charakterneurose
Akzentuierte Persönlichkeit
Persönlichkeitsvariante

1. Störung oder Normvariante

Die Psychiatrie spricht von Persönlichkeitsstörungen. Der Begriff ist problematisch. Er unterstellt die Existenz einer gesunden Normpersönlichkeit, von der die gestörte Persönlichkeit grundsätzlich unterschieden werden kann. Da die Grundlage jeder Person aber das Subjekt ist, ist die Definition einer Norm wissenschaftlich unkorrekt. Alternativ kann man von akzentuierten Persönlichkeiten oder Persönlichkeitsvarianten sprechen. Vorteil dieser Begriffe ist, dass sie nicht bewerten.

Persönlichkeitsstörungen fallen durch Häufung charakteristischer Verhaltensweisen auf, unter denen der Betroffene und/oder das Umfeld leidet. Obwohl Leid an sich kein hin­reichendes Kriterium ist, um Krankheit zu definieren, ist der Begriff Persönlichkeits­störung insofern passend, weil er eine Störung des Selbst- und Weltbezugs anzeigt, die durch das daraus entstehende Leid medizinisch bemerkenswert wird.

Vergleichsebenen
Um vom Begriff Störung nicht irregeleitet zu werden, gilt es, zwei Vergleichs­ebenen voneinander zu unterscheiden.
  1. Man kann Persönlichkeit A mit Persönlichkeit B vergleichen.
  2. Man kann die verwirklichte Struktur der Persönlichkeit A mit ihren verborgenen Möglichkeiten vergleichen.

WHO und Schulmedizin haben sich bei der Definition des Begriffs Persönlichkeits­störung für die erste Variante entschieden. Sie bezeichnen eine Persönlichkeit als gestört, wenn sie von einer hypothetischen Norm abweicht. Das ist praktikabel und willkürlich zugleich. Nicht dass man Persönlichkeiten nicht voneinander unter­scheiden könnte, woran entscheidet man im nächsten Schritt jedoch, wessen Muster als gestört zu gelten hat? An der Statistik? Dann sagt man: Gesund ist, wer der Mehrheit ähnelt. Diese Definition führt dazu, dass man bloße Konformität als seelische Gesundheit preist. So mancher empfände das als unpassend; vor allem, wenn man bedenkt, welch fragwürdiger Einfluss von Weltanschauungen ausgehen kann, die die Mentalität ganzer Epochen und Landstriche prägen.

Erst wenn man Persönlichkeit A nicht mit B vergleicht, sondern mit dem, was sie aus sich machen könnte, gewinnt der Begriff Störung eine Klarheit, die Zweifel an seiner Berechtigung beseitigt. Jetzt kann man sagen....

... oder umgekehrt:

Hintergrund der Persönlichkeitsstörungen sind...

  1. typische Muster im Umgang mit dem Zugehörigkeits-Autonomie-Konflikt,
  2. die einseitige Bevorzugung bestimmter Abwehr­mechanismen,
  3. der jeweils spezifische Umgang mit Wahrnehmungen, Gefühls­ausdruck und Selbstbild.

2. Ursachen

Farbenspiele

Die Mischung der drei Grundfarben Anlage, Prägung und Entscheidungsfreiheit brachte Milliarden Varianten hervor. Das Spiel der Wirklichkeit wird weitergehen.

Eins ist dabei sicher: Hinter jeder Variante steht die Entscheidung der Wirklichkeit, dass die Variante so sein soll, wie sie ist.

Niemals geht es darum, sich zu ändern. Immer geht es darum, sich so in Liebe anzunehmen, wie man sich gegeben ist.

Es gibt so viele Persönlichkeiten wie es Personen gibt. Die Vielfalt ist Millionen Faktoren zu verdanken. Sie können drei Gruppen zugeordnet werden. Der Charakter jeder Person wird durch Anlage, Prägung und eigene Entscheidungen bestimmt.

2.1. Anlage

Der Mensch kommt nicht als leeres Blatt zu Welt, auf das das Leben Einträge macht. Tatsächlich sind wichtige Grundsteine zukünftiger Charaktermerkmale schon bei der Geburt gelegt. Zwillingsstudien zeigen bei eineiigen Zwillingen deutlich mehr charakterliche Parallelen als bei zweieiigen; wohlgemerkt auch dann, wenn die Zwillinge unmittelbar nach der Geburt getrennt wurden und in unterschiedlichen Umgebungen aufwuchsen. Offensichtlich wird vieles genetisch vermittelt.

Die Forschung hat außerdem gezeigt, dass nicht nur das Erbgut, das Eltern ihren Kindern vermitteln, eine Rolle spielt. Vielmehr wird der Ausdruck der vererbten Gene durch die Lebenserfahrungen der Eltern selbst beeinflusst. Dieses Phänomen wird als epigenetische Vererbung bezeichnet. Eltern, die einen Krieg erlebt haben, vererben eine andere Anlage als solche, die es nicht taten.

2.2. Prägung

Die Entwicklung der Persönlichkeit wird stark von Erfahrungen beeinflusst. Diese Erfahrungen hängen mit den Verhaltensweisen und dem Kommunikationsklima des Umfeldes zusammen, in die ein Kind hineingeboren wird.

Je nach Art und Wucht der Prägungen, können ursprünglich angeborene Eigenschaften verstärkt, abgeschwächt, ins Gegenteil verkehrt oder in anderer Weise verändert werden.

Ob man als Kleinkind für jeden Pieps Schläge oder, egal was am Tage geschah, abends eine Geschichte vorgelesen bekam, hat weitreichende Folgen. Ein eher ängstlich-vorsichtiges Kind reagiert auf die Schläge womöglich mit gesteigerter Furcht, ein eigenwilliges womöglich mit Trotz. Oder auch der Mut des eigenwilligen Kindes wird gebrochen, sodass es entgegen der ursprünglichen Anlage ängstlich-vermeidende Züge entwickelt oder eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ.

Kollektive Weltanschauungen

Ein Kind wird nicht nur durch das individuelle Mikroklima geprägt, dem es im unmittelbaren Umfeld ausgesetzt ist; und das seinerseits von den Persönlich­keitsstrukturen und Weltbildern der wichtigsten Bezugspersonen bestimmt wird. Auch kollektive Weltanschauungen, die das kulturelle Klima weiträumig beherrschen, sind wesentlich an der Weichenstellung zwischen gesund und krank beteiligt.

Eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung ist unauflösbar mit der Unterschei­dung zwischen wahr und unwahr verknüpft. Der Geist ist nur gesund, wenn er wahr und unwahr unbefangen unterscheidet und sich entlang überprüfbar wahrer Sachverhalte verhält.

Kollektive Weltanschauungen sind deshalb kollektiv, weil die Einheitlichkeit ihrer Sichtweisen durch Lehrsätze bewirkt wird, die nicht nur auf Überprüfbarkeit verzichten, sondern darüber hinaus die Anerkennung des Unüberprüfbaren als unbezweifelbar erzwingen.

Jede Weltanschauung, die die Zustimmung zu dogmatischen Lehrsätzen über die Struktur der Wirklichkeit verlangt, gefährdet deshalb die seelische Gesundheit derer, die sich ihrem Zugriff nicht entziehen.

2.3. Entscheidung

Zweierlei Gerechtigkeit

Zwischen der Gerechtigkeit des Lebens und Gerechtigkeit als Ordnungsprinzip menschlicher Gesellschaften ist zu unter­scheiden. Die Gerechtigkeit des Lebens beruht darauf, dass es den bevorzugt, der sich aufrichtet. Gerechtigkeit als Ordnungsprinzip orientiert sich an zwischen­menschlicher Solidarität. Sie schützt Schwache vor dem Missbrauch durch Starke, weil sie der Gemeinschaft einen eigenständigen Wert beimisst.

Hinter dem, was Sie heute sind, steht die Autorität einer uralten Wirklichkeit. In Billionen Etappen hat sie einen Teil von sich selbst in Sie verwandelt. Seien Sie nicht so dumm, zu glauben, dass Sie besser als die Wirklichkeit wüssten, was aus Ihnen hätte werden sollen. Wenn Sie sehend annehmen was Sie heute sind, wird Sie die Erkenntnis Ihres Soseins in optimaler Weise fortentwickeln.

Ein Kleinkind kann nicht bewusst-planend über seine Reaktionen auf die Wirklichkeit entscheiden. Obwohl seine Reaktionen instinktiv, also unbewusst erfolgen, wird das Leben es später dafür zur Verantwor­tung ziehen. Jedes Verhalten hat Folgen. Da man später auch jenen Folgen ausgesetzt sein wird, über deren Ursachen man nicht bewusst entscheiden konnte, fällt es uns schwer, das Leben nicht für ungerecht zu halten.

Ebenso wie man für unbewusste Entscheidungen zur Verantwortung gezogen wird, so wird man es auch für jene, die man nach bewusster Abwägung trifft. Die Fähigkeit, Alternativen zu erkennen und sich bewusst zu entscheiden, wächst nach erfolgtem Erwerb des begrifflichen Denkens in kleinen Schritten heran. Bis zur Pubertät hat sie ein erhebliches Ausmaß erreicht; und nimmt im Verlauf des Lebens in der Regel weiter zu.

Entscheidungen, die man aus freier Abwägung heraus trifft, kommt daher für die weitere Entwicklung der Persönlichkeit eine zunehmend größere Bedeutung zu. Wer mit 18 entschuldigend auf die Umstände seiner Kindheit verweist, wird mehr Verständnis ernten als jemand, der es mit 48 immer noch tut.

Aufgabe oder Klotz am Bein

Am Anfang des Lebens ist man durch Umstände bestimmt. Sobald der Anteil der freien Entscheidung jedoch überwiegt, steht man vor der Wahl. Bezeichnet man die Erbschaft der Vergangenheit als Hypothek, unter deren Last man ein Leben lang zu stöhnen hat, oder begreift man sie als Aufgabe, das Beste aus dem zu machen, was vorgegeben ist. Statt das Schicksal anzunehmen und mutig zu handeln, begnügen sich viele mit der Illusion, dass das Leben ihnen eine andere Vergangenheit und eine andere Gegenwart schuldet.

3. Typische Persönlichkeitsvarianten

Zur Beschreibung von Persönlichkeitsvarianten gibt es ein ganzes Bündel von Adjektiven, deren Definitionen sich teilweise überlappen:

Adjektiv ist von lateinisch adiectivum = hinzugefügt abgeleitet. Eigenschaftswörter bezeichnen Hinzugefüg­tes, also Sekundäres. Das Primäre ist eigenschaftslos.

abhängig Glaubt, vom Wohlwollen anderer abzuhängen.
ängstlich-vermeidend Umgeht alles, was er für gefährlich hält.
antisozial Ignoriert das Wohl anderer grundsätzlich.
asthenisch kraftlos
dependent synonym: abhängig
depressiv Ordnet eigenen Vorteil stereotyp dem Vorteil anderer unter.
dissozial ähnlich asozial bzw. antisozial
emotional-instabil entspricht Borderline-Störung
expansiv raumgreifend
fanatisch Verfolgt eigene Ideen kompromisslos.
haltlos verführbar, ohne Prinzipien, folgt kritiklos inneren und äußeren Impulsen
histrionisch veraltet: hysterisch
ich-schwach synonym: asthenisch / ähnlich psychasthenisch
multipel Führt dissoziierte Verhaltens- und Wahrnehmungsmuster aus.
narzisstisch selbstverliebt
paranoid Sieht sich von anderen absichtlich bedroht.
passiv-aggressiv Lässt andere auflaufen.
phallisch-aggressiv Betont sexuelle Potenz und Dominanzbereitschaft.
psychopathisch unklare Kategorie, abwertender Unterton. Beschreibt schwierige Charaktere mit sozialen Anpassungsproblemen.
querulatorisch Verstrickt sich in endlose Kämpfe um die Frage, wer Recht hat. Kann seinerseits Ungerechtigkeiten nicht hinnehmen.
rigide starr, eigenwillig, unflexibel
schizoid Zieht sich von anderen zurück, weil er fürchtet, ihnen nicht standhalten zu können.
schizotypisch buntes Muster merkwürdiger Erlebnisweisen, die denen einer leichten Psychose ähneln, aber nicht eindeutig psychotisch sind
sensitiv Bezieht alles auf sich, schnell kränkbar, anspruchsvolle Erwartungen an das Verhalten anderer.
sthenisch kraftvoll, zielstrebig, durchsetzungsfähig
zwanghaft synonym: anankastisch

Persönlichkeit und Aggression - Beziehung - Erfahrung

Im Folgenden werden zehn häufige Persönlichkeitsstörungen beschrieben; außerdem drei Muster, die die ICD-10 zwar nicht als Persönlichkeitsstörungen klassifiziert, deren Entwicklung und Verlauf aber einer Persönlichkeitsstörung entsprechen; wie es im Begleittext der ICD-10 bezüglich der schizotypen Störung heißt.

Typische Varianten in reiner Form sind selten. In Wirklichkeit gibt es nicht zehn Varianten, auch nicht 20 oder 100. Bei genauer Betrachtung ist jeder Mensch einzigartig. Die Eigenschaften der typisierten Varianten gehen fließend ineinander über. Häufig wird man von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung (F61) ausgehen. Gemeint ist damit eine Mischung verschiedener Muster im Verhalten einer Person.

Persönlichkeitsstörungen gemäß ICD-10-Klassifikation der WHO

Name ICD Leit­symptome Leit­idee
Paranoide Persön­lichkeit F60.0 Misstrauen
Verdäch­tigungen
Der Böse ist immer der Andere.
Schizoide Persön­lichkeit F60.1 Sozialer Rückzug Die Welt da draußen ist mir fremd.
Dissoziale Persön­lichkeit F60.2 Rücksichts­losigkeit Wer nicht macht, was ich will, kann was erleben.
Emotional-instabile Persön­lichkeit F60.3 Stimmungs­schwan­kungen entweder-oder, ganz oder gar nicht
Histrio­nische Persön­lichkeit F60.4 Theatra­lisches Verhalten Könnt ihr mich sehen?
Zwanghafte Persön­lichkeit F60.5 Perfek­tionismus
Kontroll­bedürfnis
Ordnung muss sein.
Ängstlich-vermei­dende Persön­lichkeit F60.6 Übervorsicht Man kann gar nicht genug aufpassen.
Abhängige Persön­lichkeit F60.7 Unterordnung
Gefügigkeit
Was meinst Du denn?
Narziss­tische Persön­lichkeit F60.8 Selbst­über­schätzung
Hochmut
Ich bin einfach klasse.
Passiv-aggressive Persön­lichkeit F60.8 Unzuver­lässigkeit
Auflaufen lassen
Ich sage ja und meine nein.

Störungen der Persönlichkeit (in der ICD-10 anderweitig klassifiziert)

Name ICD Leit­symptome Leit­idee
Dysthymie
Depressive Persön­lichkeit
Neurotische Depression
F34.1 Schwermut
Opfer­bereitschaft
Wäre die Welt nicht so schlecht, müsste ich mich dem Guten nicht opfern.
Multiple Persön­lichkeit F44.81 Erinnerungs­lücken
wechselhafte Verhaltens­muster
Das bin ich nicht.
Schizotype Persön­lichkeit
Schizotype Störung
F21 Exzentrische Vorstellungen und Verhaltens­weisen Ich webe mir eine eigene Welt.

3.1. Abhängige (Dependente) Persönlichkeit

Merkmale abhängiger Persönlichkeiten

Abhängige Persönlichkeiten überschätzen ihr Bedürfnis nach Liebe und Zugehörigkeit. Sie suchen ständig nach Bestätigung durch andere und leiden unter Trennungsangst. In der Folge stellen sie autonome Impulse zurück. Sie vermeiden Konflikte und eigene Entscheidungen. Sie fahren im Windschatten der Mutigen und sind schnell bereit, sich den Wünschen und Erwartungen anderer zu fügen. Wie brave Kinder hoffen sie auf den Schutz derer, denen sie das Feld überlassen.

Je weniger man sich zutraut, desto weniger lernt man. Je weniger man kann, desto schwieriger kommt einem das Leben vor. Je schwieriger das Leben zu sein scheint, desto eher sucht man sich Beschützer. Je mächtiger die Beschützer, desto eher wird man von ihnen entmündigt.

Entwicklungsdynamik

Die Ursache der Abhängigkeit beginnt in der Kindheit. Statt die Risiken in Kauf zu nehmen, die Entwicklungsschritte mit sich bringen, geht der Abhängige auf Nummer sicher. Bevor er selbst etwas wagt, sucht er den Schutz Erfahrener. Statt seine Möglichkeiten auszutesten und an Erfolgen ebenso zu wachsen wie am Scheitern, verzichtet er auf neue Erfahrungen überhaupt.

Dadurch entsteht ein Mangel an Lebenserfahrung, der im Laufe der Zeit immer größer wird und den Abhängigen in seiner Befürchtung bestätigt, dass andere zu mutigen Taten in der Lage sind, er selbst aber nicht.

Partnerschaft

Der abhängige Mensch sucht sich gerne einen Partner, der für ihn Entscheidungen trifft. Solange dieser Partner sein Wohl bedenkt, kann der Abhängige ein zufriedenes Leben führen, ohne dass er je die Führung übernähme. Beachtet der Partner das Wohl des Abhängigen nicht, ist hilfloses Unglück vorprogrammiert. Ein rücksichtsloser Partner macht mit dem Abhängigen, was er will; es sei denn, das brave Kind wird erwachsen und sorgt für sich selbst.

3.2. Ängstlich-vermeidende Persönlichkeit

Merkmale ängstlich-vermeidender Persönlichkeiten

Auch die ängstlich-vermeidende Persönlichkeit vertraut nur wenig auf die eigene Möglichkeit zur Selbstbehauptung. Auch sie sucht Zuneigung, Liebe und Schutz. Auch sie reagiert beunruhigt auf kleinste Zeichen der Kritik. Während der Abhängige aber glaubt, es gebe keinen Grund mehr zur Sorge, sobald er sich der Führung eines Starken anvertraut, sorgt sich der Ängstliche immer weiter. Hinter allem, was das Leben bringt, sieht er zuerst Gefahr. Während der Abhängige Achterbahn fährt, wenn sein Partner sagt Wir machen das!, ruft der Ängstliche Um Himmels Willen, lass uns gemeinsam nach Hause gehen!

Unterschied

Der Abhängige traut anderen nichts Böses zu, denn dann müsste er sich ihrer Vormundschaft entwinden. Der Ängstliche traut anderen durchaus Böses zu: vor allem Leuten, die er nicht kennt.

Entwicklungsdynamik

Die Entwicklungsdynamik des ängstlich-vermeidenden Lebensstils zeigt enge Parallelen zu der der Abhängigkeit. Aus einer Neigung, im Umgang mit den Gefahren des Lebens vorsichtig zu sein, wächst durch stetes Vermeiden, Umgehen und Auf-später-verschieben ein Mangel an bestärkenden Erfahrungen heran. Daraus resultieren Gefühle der Unsicherheit, der Minderwertigkeit und der Glaube daran, dass es ständig etwas Schlimmes zu befürchten gibt; dem man nur mit noch mehr Vermeidung und Vorsicht aus dem Wege gehen kann.

Partnerschaft

Bei der Wahl des Partners gerät der Ängstlich-vermeidende oft an Personen, die eigene Ängste verleugnen, die im Umgang mit der Außenwelt offensiv und streitbar sind. Solange das System im Gleichgewicht bleibt, sagt der Partner: Hab keine Angst, ich beschütze Dich! Kommt es in der Partnerschaft zu Spannungen, lässt der streitbare Partner seine Unzufriedenheit zuweilen am Ängstlichen aus. Aus dem Schäferhund, den der Ängstliche sich zu seinem Schutz ausgesucht hat, wird ein Wolf, der ihn frisst.

3.3. Depressive Persönlichkeit

Merkmale depressiver Persönlichkeiten

Die depressive Persönlichkeit vermeidet ebenfalls Konflikte. Mehr als Abhängige und Ängstliche spekuliert sie jedoch auf Lohn und Dankbarkeit, wenn sie andere nicht nur bestimmen lässt, sondern deren Bedürfnissen vorauseilend dient. Sie denkt: Wer so bescheiden ist wie ich, hat sich tätige Zuwendung verdient. Bleibt der Lohn für den Verzicht auf die Vertretung eigener Interessen aus, verfällt sie in Schwermut und leidet am Undank der Welt.

Entwicklungsdynamik

Depressive Persönlichkeiten haben eine große Begabung, sich in Leiden und unerfüllte Bedürfnisse ihres Gegenübers einzufühlen. Aus dem Mitleid entspringt der Eifer, das Leiden des Anderen zu beheben. Da man für solche Taten Zuwendung und ein gewisses Maß an Dankbarkeit erwirbt, ist der Depressive schnell bereit, die eigenen Interessen für das Wohl anderer zurückzustellen. Wer eine depressive Begabung hat, läuft Gefahr, sich einer betont altruistischen Welt­anschauung anzuschließen oder aber einem Elternteil zu dienen, der über ständiges Jammern und Klagen nach Zuwendung sucht.

Partnerschaft

Bei der Partnerwahl entscheidet sich der depressiv Strukturierte allzu oft für einen Menschen, der wie selbstverständlich glaubt, dass ihm alle Welt zu dienen hat. Ihm zuliebe verzichtet der Depressive auf den eigenen beruflichen Erfolg - was er nicht ungern tut, weil er eh Angst hat, sich durchzusetzen -, ihm zuliebe schränkt er sich finanziell ein und wenn er sogar noch für die Schulden des Partners gebürgt hat, wird er von ihm verlassen.

3.4. Narzisstische Persönlichkeit

Merkmale narzisstischer Persönlichkeiten

Die narzisstische Persönlichkeit glaubt, dass ihr jede Menge Liebe und Bewunderung zufällt, wenn sie begabt, leistungsfähig, selbständig und überlegen erscheint. Entweder bildet sie sich ein, genau das von jeher zu sein oder sie gibt sich Mühe, es zu werden. Bleibt die Bewunderung aus, ist ihr klar: Die anderen sind zu dumm dafür, wahre Größe zu beachten.

Entwicklungsdynamik

Narzisstisch veranlagte Menschen haben ein großes Bedürfnis nach gesellschaftlichem Erfolg und der Unabhängigkeit, die Erfolg oft mit sich bringt. Trafen sie in der Kindheit auf ein Umfeld, das ihnen wenig Anerkennung für erste Erfolge schenkte, haben sie die Kränkung kaum jemals als schmerzliches Erlebnis akzeptiert. Seit der Kränkung bemühen sie sich vielmehr darum, sich selbst und andere davon zu überzeugen, dass eine Missachtung ihres Wertes eigentlich unmöglich ist. Sind sie kreativ, fleißig und um den Erwerb von Kompetenzen bemüht, die ihren Wert beweisen, rücken sie gesellschaftlich oft in hohe Positionen vor. Bleibt Anerkennung aus, können sie verletzend und abwertend sein.

Partnerschaft

Bei der Partnerwahl gerät der Narzisst meist an einen bescheidenen Menschen, der ihn aus der Bescheidenheit heraus bewundert. Insgeheim denkt der Narzisst jedoch, dass dieser Partner seiner nicht würdig ist. Begegnet er einem der wenigen Menschen, die er für ebenbürtig hält, kann es sein, dass er sich um dessen Zuwendung in ungewohnt demütiger Weise bewirbt.

Möglich sind aber auch symmetrische Partnerschaften, zu deren Grundlage die wechselseitige Bestätigung des jeweils Anderen und die gemeinsame Bestätigung der besonderen Beziehung gehört: Wir sind ein Traumpaar und stellen alle anderen in den Schatten.

3.5. Zwanghafte (anankastische) Persönlichkeit

Merkmale zwanghafter Persönlichkeiten

Die zwanghafte Persönlichkeit sträubt sich gegen die Verführungskraft der Welt und des Lebens an sich. Für sie riecht jede Fremdbestimmung durch die Außenwelt nach einer Unterwerfung, der man keinesfalls vertrauen kann. Im gleichen Zuge wünscht sie sich jedoch Sicherheit und Protektion; und schämt sich dann dafür. Am liebsten hätte sie daher alles unter Kontrolle. Aus Angst, es sich durch unmittelbare Macht­ansprüche mit anderen zu verderben, konzentriert sie ihre Herrschaft oftmals vordergründig auf die Welt der Dinge. Nein, es geht nicht darum, den anderen zu bevormunden, aber die Zahnpasta muss in dem Winkel zum linken Rand des Wasserhahns liegen, den der Zwanghafte als einzig richtigen Winkel ermittelt hat! Ist das denn so schwer zu begreifen?

Entwicklungsdynamik

Menschen mit zwanghaften Mustern brauchen viel Sicherheit. Statt Sicherheit aber wie der Abhängige bei anderen Leuten zu suchen, ist ihnen das zu unsicher. Zur zwanghaften Strategie gehört sowohl die genaueste Überprüfung aller Belange, für die man Verantwortung trägt, als auch die Reduktion der Zahl der Belange auf ein überschaubares Maß.

Oft gab es in der Kindheit des Zwanghaften Bezugspersonen, die in unerbetenem Ausmaß Einfluss auf ihn nehmen wollten. Die Antwort des Zwanghaften darauf war defensiv. Statt dem Angreifer auf offenem Feld zu begegnen, hat der Zwanghafte Schützengräben angelegt, die er bis zur letzten Patrone verteidigen will. Da der schlimmste Angreifer jedoch das Leben ist und dessen unermüdlicher Eifer, seine Insassen mit neuen Entwicklungen zu bombardieren, lebt der Zwanghafte in ständiger Angst, dem Trommelfeuer der Wirklichkeit zum Opfer zu fallen. Wie ist seine Antwort darauf? Defensiv! Noch einmal kontrollieren, ob der Schützengraben tief genug im Boden verankert ist.

Partnerschaft

Da sich der Zwanghafte vor der eigenen Lebendigkeit fürchtet, ist er von der anderer fasziniert. So bietet er sympathischen Chaoten einen sicheren Hafen der Vernunft und nimmt durch die Ungezwungenheit seines Stellvertreters am Leben doch noch teil. Findet das Paar beim Kampf um den rechten Umgang mit Zahnpastatuben und die Einteilung des Haushaltsgeldes keinen Kompromiss, verfluchen beide den Tag, an dem sie sich begegnet sind.

Zwei Methoden - ein Ziel
Auf den ersten Blick scheint es, als hätte der zwanghafte mit dem ängstlich-vermeidenden Menschen nur wenig gemeinsam. Tatsächlich steckt hinter dem Muster beider das gleiche Ziel: Sicherheit.

Die Devise des einen heißt: handeln. Die Devise des anderen heißt: nicht handeln.

3.6. Histrionische Persönlichkeit

Merkmale histrionischer Persönlichkeiten

  • Steht am liebsten im Mittelpunkt.
  • Knüpft rasch neue Kontakte. Hat wenig echtes Interesse am anderen.
  • Lässt sich von äußeren Eindrücken verführen.
  • Kann mit sich allein nichts anfangen.
  • Langweilt sich schnell.
  • Hält das Umfeld durch überraschende Wendungen auf Trab.
  • Lässt sich nicht festlegen.
  • Spricht in Superlativen.
  • Ist auf Äußerlichkeiten bedacht, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Wie die narzisstische so wünscht sich auch die histrionische Persönlichkeit möglichst viel Beachtung. Während die narzis­stische es durch distanzierte Überlegenheit, autonome Souveränität oder aristokratische Gesten versucht, bleibt die hysterische (= histrionische) Persönlichkeit in der Nähe derer, denen sie gefallen will. Zugehörigkeit zählt für sie mehr als Selbstbestimmung. Daher überlässt sie sich den Wogen der Gefühle und versucht durch lebhaftes Verhalten Reaktionen und Bindungsbereitschaft bei anderen zu bewirken. So wie sie selbst von Auffälligem zu verführen ist, verführt sie ihrerseits mit allen Mitteln, die gerade zur Verfügung stehen. Dazu kann auch das Spektrum erotischer Verlockungen gehören.

Begriffsbestimmungen

Auch wenn hysterisch und histrionisch ähnlich klingen, sind die Begriffe nicht miteinander verwandt. Histrionisch ist von lateinisch histrio = Schauspieler abgeleitet. Der Begriff hysterisch wird umgangssprachlich benutzt. Er geht auf Griechisch hystera [υστερα] = Gebärmutter zurück. In der Antike glaubte man, histrionisches Verhalten bei Frauen werde durch eine im Körper umherwandernde Gebärmutter verursacht. Dass dem Begriff hysterisch oft eine abwertende Note beigemengt ist, zeigt den Ärger an, den histrionisches Verhalten bei vielen langfristig auslöst.

Entwicklungsdynamik

Auch wenn dem Hysteriker Zugehörigkeit gefällt und ein Großteil seines Treibens auf den Erwerb von Zuwendung ausgerichtet ist, mag er es keineswegs, von außen fremdbestimmt zu sein; es sei denn, es handelt sich bei dem, was über ihn bestimmt, um flüchtige Impressionen, die seinem Spieltrieb dienen und die durch ihre schiere Flüchtigkeit nie zum Kerker werden. Dementsprechend finden sich in der Kindheit histrionischer Persönlichkeiten oft übergriffige Kräfte, die blind über sie verfügen wollten, ohne zu bedenken, dass sie überhaupt ein eigenes Wesen hat. Anders als der Zwanghafte, der Übergriffen durch den Bau von Wehranlagen begegnet, spezialisiert sich der Hysteriker darauf, einen Angreifer, der sich seiner bemächtigen will, durch ständige Wechsel der Position zu foppen.

Das schillernde Hin und Her des hysterischen Wesens ist zu Beginn einer Begegnung verführerisch. Wenn die Kontaktbereitschaft des Hysterikers aber oberflächlich bleibt, lässt das Interesse des Umfelds bald nach. Kann der Hysteriker das nachlassende Interesse nicht verkraften, entwickelt er zuweilen dissoziative Symptome, oder seine Phantasie schmückt Geschichten aus, deren Nähe zu realen Fakten in Lichtjahren zu bemessen ist.

Partnerschaft

Eine Partnerschaft zwischen zwei Hysterikern hält in der Regel nicht lang; genauso wenig wie die Bindung zwischen zwei Feuerwerksraketen, die man brennend in den Himmel schießt. Mehr Chancen auf ein dauerhaftes Jawort hat ein Zwanghaft-depressiver. Weil er zwanghaft ist, bietet er einen sicheren Boden. Dank seiner depressiven Anteile erträgt er es geduldig, wenn auf dem Boden zuweilen herumgetrampelt wird. Als Lohn hat er immer eine bunte Blume am Revers.

3.7. Schizoide Persönlichkeit

Merkmale schizoider Persönlichkeiten

Die schizoide Persönlichkeit hat Angst, sich im Kontakt zu anderen zu verlieren. Oder sie fürchtet, sich peinlichen Begegnungen ausgesetzt zu sehen, weil sie weder den Erwartungen anderer genügen kann noch die Forschheit an den Tag zu legen wagt, auf andere zuzugreifen. Lieber als solchen Gefahren zu begegnen, geht sie Kontakten daher aus dem Weg.

Entwicklungsdynamik

Schizoide Menschen sind oft sensibel. In der Regel haben sie peinliche Erfahrungen mit anderen gemacht. Sie nehmen Feinheiten wahr und messen diesen große Bedeutung zu. Während Menschen schon generell nicht besonders zueinander passen, ist die Lage des Schizoiden noch schlimmer: Sein feines Gespür für Nuancen deckt zwischen sich selbst und den anderen eher Unterschiede als Gemeinsamkeiten auf; und sobald die Gegensätze sich begegnen könnten, setzt er seinen Satz nicht aktiv gegen den der anderen, sondern reagiert mit Rückzug.

Sein Gespür für Unterschiede verleitet den Schizoiden außerdem dazu, sich mit komplexen Problemen zu befassen. Dabei vertieft er sich in Details und Fragen, die anderen Leuten gleichgültig sind. Worüber sollte man sich also überhaupt noch unterhalten?

Der Rückzug des Schizoiden aus den alltäglichen Kontakten der banalen Geschäftigkeit führt zu einem Mangel an Erfahrung. Er lernt nicht, wie er angemessen mit all den fremden Leuten umgehen könnte, die er in der Fußgängerzone aus der Ferne beobachten kann. Aus der mangelnden Erfahrung entsteht neue Unsicherheit. Und wie anders ist man vor peinlichen Erlebnissen, die daraus erwachsen, besser geschützt als durch weiteren Rückzug?

Partnerschaft

Aktive Partnerwahl ist für den Schizoiden ein Fremdwort. Zu sehr fürchtet er, das Bekenntnis zu einer fleischlichen Begierde könnte ihn dem Verdacht aussetzen, es gäbe vulgäre Tendenzen in seinem Leib, zu deren Erfüllung er auf andere angewiesen ist. Aus der Distanz heraus mag er sich zwar nach der Welt des Eros sehnen - die man nun wirklich nicht allein erkunden kann und zu deren bloßem Erahnen aus der Ferne man zumindest Phantasien über andere braucht - wenn aber niemand kommt, der die schützende Distanz des Schizoiden von sich aus überwindet, bleibt der mit seinen Phantasien über das Paradies der Erotik allein.

Da der Schizoide besonders in Liebesdingen faktische Taten durch virtuelle ersetzt, entwirft er im Geiste romaneske Szenen. Komplizierte Entwicklungen müssen selbst in der Phantasie erst vonstattengehen, bevor es soweit kommt, dass die angehimmelte Braut schließlich erkennt, dass der Honig ihrer Zuckerblüte nicht dem rüden Ralf gebührt, sondern dem einzigen Feingeist des Universums, der sie wirklich versteht und mit dem sie endlich in der Liebeslaube landet.

Gott bewahre aber, dass der Traum in Erfüllung geht. Wenn sich der Träumer mit einem Weib aus Fleisch und Blut tatsächlich in der Laube wiederfindet, weiß er vor Schreck nicht mehr, was er in tausend Träumen mit ihr machen wollte.

Einzelgänger oder schizoid
Vermutlich gehen beide Muster fließend ineinander über. Zu unterscheiden ist trotzdem:
3.8. Paranoide Persönlichkeit

Merkmale paranoider Persönlichkeiten

Auch die paranoide Persönlichkeit (abgeleitet von griechisch para [παρα] = neben und nous [νους] = Verstand) wünscht insgeheim, geliebt zu werden. In Sachen autonomer Selbstbestimmung macht sie dabei keine Kompromisse. Sie selbst hat Recht! Wer daran zweifelt, gehört zu jener Welt, die dem Paranoiden das Gute boshaft vorenthält.

Entwicklungsdynamik

Auch der Paranoide hat verletzende Erfahrungen gemacht. Statt sich wie der Schizoide aber bloß zurückzuziehen und sich selbst genug zu sein, bleibt hinter dem Groll des Paranoiden ein lebhaftes Interesse an der Zuwendung durch andere lebendig. Resultat ist ein Gemenge aus Misstrauen, Forderungen, Feindseligkeit und dem Glauben, dass sich alles Mögliche auf ihn bezieht. Da diese Haltung gehäuft neue Kränkungen nach sich zieht, wird die Weltsicht des Paranoiden aus der eigenen Dynamik heraus weiter verstärkt. Oft schlägt sie in wahnhaft psychotisches Erleben um. Dann ist der Kranke außerstande, die Subjektivität seiner Sichtweise auch nur im Ansatz einzusehen.

Partnerschaft

Paranoide Menschen leben häufig allein; zum einen, weil Einsamkeit paranoide Tendenzen fördert, zum anderen, weil das Misstrauen des Paranoiden auch enge Bezugspersonen erfasst, sobald diese sein Weltbild nicht nahtlos teilen. Genau das kann aber auch dazu führen, dass sich eine dependente, asthenische Persönlichkeit mit einer paranoiden zusammentut und deren misstrauisch-vorwurfsvolle Weltsicht übernimmt. Gegebenenfalls mündet das in einen induzierten Wahn, also in eine Folie à deux (französisch: Verrücktheit zu zweit).

3.9. Emotional-instabile Persönlichkeit (Borderline)

Merkmale emotional-instabiler Persönlichkeiten

Die emotional-instabile Persönlichkeit, auch Borderline-Persönlichkeit genannt, ist ein Sonderfall. Wie die depressive Persönlichkeit gibt sie sich Mühe, durch Selbstverzicht und Dienstbarkeit Liebe zu verdienen. Während der Depressive sich erfolgreich der Verdrängung bedient, um den Misserfolg seiner Strategie zu ertragen, springt der Emotional-instabile in einem gespaltenen Selbstbild zwischen gut und schlecht hin und her. Zuerst ist er gut, weil er dient und der Andere wird als ebenfalls Guter den Dienst einst mit Liebe belohnen. Bleibt die erhoffte Liebe aus, hält sich der Emotional-instabile für unwert und schlecht. Seine Wut lässt er wahlweise an sich selbst oder anderen aus.

Entwicklungsdynamik

Menschen mit Borderline-Strukturen wurden überdurchschnittlich häufig durch frühe Störungen geprägt. Unter frühen Störungen versteht man traumatisierende Erfahrungen, die die kindliche Psyche in den ersten zwei Lebensjahren treffen. Dadurch kommt es zur Beeinträchtigung grundlegender psychologischer Funktionen. Besonders betroffen ist die Fähigkeit, gut und böse nicht als zwei kategorisch getrennte Phänomene zu betrachten, sondern als ein fließendes Kontinuum voll kreativer Widersprüche. Wegen der mangelnden Fusion der beiden Kategorien, auch Spaltung genannt, deutet der Emotional-instabile die Welt als schwarz-weißes Schachbrettmuster.

Beim Versuch, im kantigen Raster des Schachbretts etwas eindeutig Gutes zu finden, eckt der Borderliner mehr als andere an; was ihn dazu treibt, das endgültig Gute immer enger zu umschreiben... und an der Enge seiner Definition erneut zu scheitern.

Partnerschaft

Die Beziehungen der Borderline-Persönlichkeit beginnen meist mit Überschwang. Endlich hat er den Partner gefunden, der selbstlos nur Gutes für ihn will und dem daher uneingeschränkte Liebe gebührt. Da es solche Menschen kaum je gibt, schlägt die Begeisterung über kurz oder lang in Enttäuschung um. Dann erscheint der andere dem Emotional-instabilen nicht mehr nur gut, sondern als zweifelsfrei schlecht und die Beziehung droht an einer Kaskade schmerzhafter Affekte zu zerbrechen.

3.10. Dissoziale Persönlichkeit

Merkmale dissozialer Persönlichkeiten

  • Ist rücksichtslos.
  • Missachtet soziale Normen. Hält Moral für dummes Zeug.
  • Geht rasch Beziehungen ein, trennt sich, wenn Verantwortung zu übernehmen ist oder der Partner nicht alle Wünsche erfüllt.
  • Gewalttätig, wird oft straffällig.
  • Kaum Schuldbewusstsein, schiebt Schuld auf andere.
  • Zieht aus Bestrafung wenig Konsequenzen.
  • Lügt bei Bedarf.
  • Handelt ausschließlich zum eigenen Vorteil.

Wohlgemerkt

Nicht jeder Kriminelle ist dissozial. Es gibt Pira­ten, die anderen mit mehr Respekt begegnen als die meisten Kapitäne unter königlicher Flagge.


Die dissoziale Persönlichkeit wird auch als antisozial bzw. asozial bezeichnet oder als psycho- bzw. soziopathisch. Sie interessiert sich für ihren unmittelbaren Vorteil; und darüber hinaus für ungefähr gar nichts. Soziale Normen sind in ihren Augen Unfug, an den bestenfalls Memmen und Dummköpfe glauben. Für das Wohl der anderen hat der Dissoziale keinen Blick.

Dissoziale Persönlichkeiten finden sich gehäuft im kriminellen Milieu. Sie können aber auch in Politik und Wirtschaftsleben erfolgreich sein; und zwar dann, wenn sie so klug sind, die geeignete Menge Kreide zu fressen. Egal ob sie ganz unten oder ganz oben auf der Treppe stehen, führt Bestrafung bei ihnen kaum je zu echter Reue.

Entwicklungsdynamik

Kaum je kommt ein dissozialer Mensch aus einem liebevollen Elternhaus. Meist hat er selbst Gleichgültigkeit, Gewalt und Zynismus erlebt, was ihn im Glauben stärkte, dass Moral sowieso geheuchelt ist und man sich am besten durchschlägt, wenn man enge Bindungen vermeidet. Im Gegensatz zum Schizoiden verzichtet der Dissoziale aber keineswegs auf das, was er von anderen bekommen könnte. Wo sich eine passende Gelegenheit dazu ergibt, raubt er, was er haben will. Wer der Welt aber immer nur mit blankem Ego gegenübertritt, wird von dort aus Ablehnung ernten. Schon aus Stolz wird der Dissoziale allem, was als gut erscheint, nichts wahrhaft Gutes zugestehen.

Partnerschaft

Partner betrachtet der Dissoziale nur soweit als nützlich, wie sie seinen unmittelbaren Bedürfnissen dienen. Konflikte löst er mit Gewalt und stets bereiten Ellenbogen. Wenn Kompromisse nötig wären oder er gar Verantwortung für etwas anderes als das eigene Wohl übernehmen soll, macht er sich aus dem Staub. Die Verantwortung dafür, dass er untreu wird, schiebt er dem verlassenen Partner in die Schuhe. Irgendeinen Vorwand findet er immer.

3.11. Passiv-aggressive Persönlichkeit

Merkmale passiv-aggressiver Persönlichkeiten

  • Weicht vor der Erfüllung sozialer Aufgaben aus.
  • Hält Absprachen nicht ein.
  • Lässt andere auflaufen.
  • Hält sich für unverstanden, missachtet und benachteiligt.
  • Wertet Autoritäten ab.
  • Ist anderen gegenüber missgünstig und neidisch.
  • Reagiert auf Vorhaltungen mit Trotz und passivem Widerstand.

Die passiv-aggressive Persönlichkeit geht offenen Konflikten aus dem Weg. Anders als die dependente fügt sie sich jedoch nicht wirklich. Wird von ihr eine Zusage erwartet, sagt sie das Erwünschte zu. Ob sie die Zusage einhält, steht jedoch in den Sternen. Überzeugt, vom Schicksal benachteiligt zu sein und von den anderen unverstanden, glaubt sie sich berechtigt, bei jedem Geben und Nehmen vom Preis des Nehmens etwas abzuzwacken. Macht ihm der Übervorteilte Vorwürfe, reagiert der Passiv-aggressive trotzig. Sieht er, wie dem Partner gerade die Milch anbrennt, schaut er weg und denkt: Das hast du jetzt davon.

Entwicklungsdynamik

Passiv-aggressive Persönlichkeiten waren in der Kindheit oft einem übergriffigen Druck ausgesetzt, der ihre Selbstbestimmung in Frage stellte. Statt dem Druck offen zu widerstehen und damit Zugehörigkeit aufs Spiel zu setzen, wählten sie den Schleichweg. Da Unzuverlässigkeit und ausweichendes Taktieren im Umfeld Ärger und Angriffslust hervorruft, sieht sich der Passiv-aggressive einer zunehmend fordernden Welt ausgesetzt, der gegenüber er sich erst Recht zur Anwendung passiven Widerstands berechtigt sieht.

Partnerschaft

Passiv-aggressive Persönlichkeiten sind in Partnerschaften oft Ausgangspunkt chronischer Konflikte; oder aber ihr Ausweichen ist eine Strategie, die übermäßigen Konflikten entgegenwirkt.

Gesetzt der Passiv-aggressive hatte das Glück, einen Partner zu finden, der in redlicher Absprache eine Gemeinschaft gestalten will. Dann wird seine Neigung, Absprachen nicht einzuhalten und Pflichten zu vergessen, Quell ständigen Ärgers. Oft plagt sich der auflaufende Partner vergeblich, dem Passiv-aggressiven Verlässlichkeit abzuringen.

Gesetzt der Passiv-aggressive hatte das Unglück, auf einen Partner zu treffen, der im Gegenüber nur Knetmasse sieht, die gemäß eigenen Wünschen zu formen ist... Dann kann die ausweichende Taktik ein Mittel sein, Selbstbestimmung zu bewahren ohne die Beziehung durch eine offene Feldschlacht als Ganzes zu gefährden; was, wenn womöglich Kinder im Spiel sind, das kleinere Übel sein könnte.

4. Schizotype (Persönlichkeits-) Störung

Im Gegensatz zur amerikanischen Klassifikation DSM IV listet die ICD-10 die schizotype Störung im Kapitel der Schizophrenien und wahnhaften Störungen (F20) auf. Sie tut es, weil schizotypische Persönlichkeiten...
  1. psychosenahe Symptome zeigen.
  2. gehäuft schizophrene Verwandte haben.

Merkmale schizotypischer Persönlichkeiten

  • Neigt dazu, Dinge auf sich zu beziehen.
  • Unübliche Sichtweisen z.B.: Glaube an Hellseherei, den bösen Blick, Telekinese, Verschwörungs­theorien, pseudowissen­schaftliche Erklärungsmodelle
  • Paranormale Erlebnisweisen
  • Ungewöhnlicher Sprachstil (umständlich, metaphorisch, andeutungsreich, manieriert)
  • Ungewöhnlicher Bekleidungsstil
  • Zurückgezogenes, einzelgängerisches Wesen
  • Neigt zu Körper­gefühlsstörungen, Derealisations- und Depersonalisations­erleben.
  • Freudloses Grübeln

Personen mit schizotyper Störung fallen durch ungewöhnliche Denk- und Verhaltensweisen auf, die das Umfeld als exzentrisch, bizarr, seltsam, wunderlich, eigenbrötlerisch oder schrullig empfindet. Zuweilen mischen sich darin Symptome, die auch bei Psychosen vorkommen: illusionäre Verkennungen, flüchtige Halluzinationen, abergläubische oder abwegige Überzeugungen, die man so noch nie gehört hat. Daher ist es anfangs schwer zu entscheiden, ob man das Verhaltensmuster als präpsychotische Vorstufe einer späteren Psychose deuten soll - also als sogenanntes Prodromalstadium einer Schizophrenie - oder ob sich die Auffälligkeiten zu einem Persönlichkeitsmuster verfestigen, das nie in eine echte Psychose einmündet.

Entwicklungsdynamik

Die Häufung manifester Psychosen im familiären Umfeld schizotyper Persönlichkeiten wird als Hinweis auf genetische Faktoren gedeutet. Da der Kommunikationsstil in Familien mit Psychosekranken einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung kaum je entgegenkommt, kann von chronisch traumatisierenden Prägungen ausgegangen werden. Gehäuft sind schwere körperliche und seelische Vernachlässigung. Das kafkaeske Sich-Einweben des Kranken in eine exzentrische Eigenwelt kann als Flucht vor einer Wirklichkeit verstanden werden, die er als verletzend, unverstehbar und befremdlich empfindet. Die Befremdlichkeit seines eigenen Verhaltens wäre dann ein Spiegel dessen, wie er selbst die Welt erlebt.

Partnerschaft

Dauerhafte Partnerschaften gehen schizotype Menschen nur selten ein.

5. Multiple Persönlichkeit / Dissoziative Identitätsstörung

Bei der multiplen Persönlichkeit lebt das Individuum phasenhaft unterschiedliche Ego-Varianten aus, die sich untereinander nicht als identisch anerkennen und die ihre jeweiligen Erlebnisse wechselseitig durch Abspaltung der Erinnerung verleugnen.

Die multiple Persönlichkeit wird nicht zu den eigentlichen Persönlichkeitsstörungen gezählt, sondern zu den dissoziativen Störungen.

Je nach Lage der Dinge lebt die multiple Persönlichkeit ein anderes Ego aus. Die verschiedenen Selbstbilder, die zum Repertoire der multiplen Persönlichkeit gehören, sind auf unterschiedliche psychologische Zielsetzungen abgestimmt. Welches Ego gerade aktiv ist, hängt mit dem Kontext zusammen, in dem sich die Person befindet. Das Kernsymptom der multiplen Persönlichkeit liegt in der Tatsache, dass sich die unterschiedlichen Ego-Varianten nicht als ein und dieselbe Person mit dem gleichen Erinnerungsumfang empfinden, sondern - sofern sie sich wechselseitig zur Kenntnis nehmen - so über sich sprechen, als seien sie tatsächlich viele.

Entwicklungsdynamik

In der Vorgeschichte multipler Persönlichkeiten finden sich oft Missbrauchs- und Gewalterfahrungen. Man geht davon aus, dass die Abspaltung traumatisierender Erfahrungen aus dem Erinnerungsschatz und die Aufsplitterung des Selbstbilds in Zweit-, Dritt- oder Viertpersönlichkeiten, denen die abgespalteten Erlebnisse zugeordnet werden, Ausgangspunkte der multiplen Persönlichkeitsstruktur sind.

Partnerschaft

Die Partnerschaften der multiplen Persönlichkeit sind durch den Wechsel zwischen den Ego-Varianten und deren unterschiedlichen Verhaltensmustern belastet. Je nachdem, wie gründlich die multiple Persönlichkeit die Erinnerung an das abspaltet, was sie unter dem Einfluss einer Variante gesagt, geleugnet, getan oder versprochen hat, kommt es zu Streit, Enttäuschung und Missverständnis.

6. Behandlung

Bei der Therapie der Persönlichkeitsstörungen muss man zwischen Grundproblem und Begleitsymptom unterscheiden. Das Grundproblem der Persönlichkeitsstörungen liegt in einem spezifischen Muster persönlicher Sichtweisen, Meinungen und Urteile über die Struktur der Wirklichkeit. Diese Sichtweisen betreffen sowohl die Außenwelt als auch die eigene Person und deren Rolle in der Welt. Sie sind teils bewusst, teils unbewusst. Aus den Sichtweisen resultiert das Verhalten, das zu Störungen führt.

Die Sichtweisen selbst und die Beziehungsstörungen, die Folge des Verhaltens sind, führen im zweiten Schritt zu Begleitsymptomen. Dazu gehören Depressionen, Ängste und Wutausbrüche, aber auch Essstörungen, Zwangserscheinungen, somatoforme Störungen und Wahn.

Medikamentöse Behandlungen ändern am Grundproblem in der Regel nur wenig. Psychopharmaka können aber nützlich sein, wenn die Begleitsymptome so ausgeprägt sind, dass sie die Handlungsfreiheit des Patienten zusätzlich einschränken.

Zur Behebung des Grundproblems sind Psycho- und Verhaltenstherapie die Mittel der Wahl. Ziel jeder Psychotherapie ist eine Veränderung der Sichtweisen, mit denen der Patient an das Leben herangeht. Veränderungen können sowohl durch verhaltens­therapeutische Übungsprogramme als auch durch tiefenpsychologisch-aufdeckende Verfahren erreicht werden. Bei der psychotherapeutischen Behandlung der Persön­lich­keitsstörungen spielen Fragen zur Regulation des Selbstwertgefühls eine ent­scheidende Rolle.

7. Fließende Authentizität

Eigentlich sind Persönlichkeitsstörungen betonte Persönlichkeitsvarianten. Wenn das so ist, besteht zwischen Persönlichkeit und Persönlichkeitsstörung kein qualitativer, sondern nur ein quantitativer Unterschied.

Persönlichkeit und Störung sind in gewissem Sinne synonym. Besser als überhaupt an ein bestimmtes Verhaltensmuster gebunden zu sein, wäre es, sich vorurteilsfrei in voller Achtsamkeit nach innen und außen so in jede Situation einzufinden, dass daraus die jeweils beste Reaktion entsteht; ungeachtet dessen, ob sie einem Muster entspricht oder nicht.

Wenn zwischen Persönlichkeit und Persönlichkeitsstörung aber kein qualitativer Unterschied besteht, kann man Persönlichkeit selbst als Störung betrachten; nämlich als eine subklinische Form, die vom Raster alltagspraktischer Urteile nicht als Störung erfasst wird.

Um die ungewohnte These zu verstehen, gilt es, sich die oben genannte Definition der Persönlichkeitsstörung ins Gedächtnis zu rufen: Eine Persönlichkeit ist gestört, wenn sie an Denk- und Entscheidungsmustern festhält, die ihre Lebensqualität beeinträchtigen. Dann versteht man:

Persönlichkeitsmuster sind Werkzeuge. Während sich der Kranke auf ein oder zwei beschränkt, um damit das ganze Leben zu meistern, bedient sich der Gesunde der gesamten Palette.
Gesund sein heißt nicht, grundsätzlich anders zu handeln, als jemand mit akzentuierter Persönlichkeit. Gesund sein heißt, den Akzent jeweils so zu setzen, dass er zur Lage der Dinge passt.

Vom Reichtum im Defizit

Die Psychiatrie spricht von Störungen. Sie betont den Mangel an angemessener Verhaltenskompetenz, der den Betroffenen zu schaffen macht. Diese Sichtweise übersieht Wesentliches: Den Persönlichkeitsmustern liegen zugleich spezifische Fähigkeiten inne.

Bei manchen Mustern fällt es leicht, den Reichtum zu sehen, bei anderen findet man ihn, sobald man genau hinschaut.

Pol Besondere Fähigkeiten
paranoid Ist scharfsinnig. Deckt verborgene Falschheit auf. Lässt sich nichts vormachen.
schizoid Kann abgeschirmt von äußeren Einflüssen besondere Interessensgebiete herausarbeiten. Spürt Feinheiten, die andere übersehen.
dissozial Hat den Mut, kompromisslos auf eigene Faust zu leben. Beharrt auf Selbstbestimmung. Lässt sich nicht einwickeln.
emotional-instabil Kann krasse Wechsel der Perspektive durchführen. Ist begeisterungsfähig.
histrionisch Ist lebhaft. Hat gutes Gespür für atmosphärische Unterschiede. Schwimmt im Gefühl, wie der Fisch im Wasser. Macht auf der Party Fremde miteinander bekannt.
zwanghaft Ist diszipliniert, zuverlässig, ordentlich, strukturiert.
ängstlich-vermeidend Hat durch Vorsicht schon manches Unglück verhindert. Jeder Ängstlich-vermeidende sorgt für ein lärmendes Motorrad weniger auf der Straße. Bravo!
abhängig Ist kompromiss-, anpassungs- und kooperationsbereit. Kann Konflikte entschärfen. Verhält sich auch in Krisen loyal.
narzisstisch Ist Dank hoher Ansprüche oft sehr leistungsbereit.
depressiv Ist opfer- und hilfsbereit.
multipel Hat auf der Bühne des Lebens mehrere Rollen im Repertoire.
schizotypisch Kann gegen den Strom kreative Wege gehen.
passiv-aggressiv Hinterfragt als Bedenkenträger unangenehme Begleiterscheinungen ehrgeiziger Pläne.

Bedenkenträger

Vor Baubeginn der Startbahn Ost entdeckte Ferdinand K. beim Schimmershof rheinische Feldhamster. Im Frühjahr paradieren die Tiere dieser endemischen Unterart zwischen den Fruchtfurchen des Rübenackers und stoßen Alpharufe aus, um Dominanz, Frohsinn und Paarungsbereitschaft anzuzeigen. Durch die Entdeckung wurde ein Feldhamsterbeeinträchtigungs­feststellungsverfahren beim OLG Düsseldorf anhängig, das zwischenzeitlich nach Berlin weitergeleitet wurde. Der Vorgang gilt als Meisterstück positiv-passiver Aggression, denn tatsächlich ging es K. nicht um den Schutz der Balzrituale närrischer Nager, sondern um den seiner Nachtruhe. Auch Nager und Nachbarn profitieren jedoch von K's Strategie. Bitte richten Sie Anfragen zum Sachstand des Verfahrens unter Angabe des Aktenzeichens (FH 267 Sch 45/06) unmittelbar an den Berliner Senat.

Ein optimal störungsfreier Ablauf der Lebendigkeit bedarf keiner Festlegung auf bevorzugte Verhaltensmuster. Er bedarf einer fließenden Authentizität, die - je nach Lage der Dinge - hier Ordnung beachtet, sie dort übergeht, mal die Sorgen anderer hört, sie dann ignoriert, mal vermeidet, dann wagemutig ist, mal misstraut und mal nicht, mal überschwänglich reagiert und mal sachlich bleibt. Und ja: Ein paar Tropfen Dissozialität könnten eine Medizin für den Depressiven sein, die die gröbsten Beschwerden lindert bis echte Heilung gefunden ist.