Stalking bezeichnet ein Verhalten, bei dem eine Person einer anderen aus individual-psychologischen Gründen nachstellt. Der Begriff stammt vom englischen to stalk = verfolgen, jagen, nachstellen. Nachstellungen anderer Motivation, zum Beispiel aus politischen Gründen oder mit Bereicherungsabsicht, sind damit nicht gemeint.
Eisberge
Manifestes Stalking ist die Spitze des Eisbergs. Stalking dient der einseitigen Kontrolle von Beziehungen, bei der der Täter versucht, seine Bedürfnisse ohne Berücksichtigung der Interessen des Opfers durchzusetzen, indem er das Opfer in Positionen drängt, die es spontan nicht einnehmen würde.
Unterhalb dessen, was als manifestes Stalking wahrgenommen wird, gibt es in vielen Beziehungen Missbrauchs-, Vereinnahmungs- und Ausbeutungsmuster, deren Grundstruktur Züge des Stalkings trägt. So mancher sieht sich innerhalb seiner Beziehung Übergriffen von Seiten des Partners ausgesetzt, gegen die er sich mehr oder weniger erfolgreich abzugrenzen versucht. Prinzipiell ist auch das Kontrollieren und Nachspionieren aus Eifersucht eine Spielart unterschwelligen Stalkings.
Im eigentlichen Sinne entsteht Stalking aber erst, wenn das Opfer die Beziehung ganz aufzulösen versucht oder ablehnt.
Das Motiv des Stalkings liegt in der individuellen Psychologie des Täters. Dabei geht es um die Funktion, die eine zwischenmenschliche Beziehung für dessen seelisches Gleichgewicht hat. Unmittelbares Ziel des Stalkings ist es...
Um diese Ziele zu erreichen, betreibt der Täter dreierlei...
Er drängt sich dem Opfer auf:
Er sammelt Informationen über das Opfer, um sich seiner zu bemächtigen:
Er versucht, das soziale Umfeld des Opfers in seinem Sinne zu steuern:
Typeneinteilung
Stalker ist nicht gleich Stalker. Bei genauer Betrachtung erscheint eine Unterteilung in fünf Varianten sinnvoll:
Grundsätzlich kann jeder Stalkingopfer werden. Meist entzündet sich das problematische Verhalten des Täters, wenn bestehende persönliche Beziehungen auseinanderdriften oder zerbrechen.
Täter werden aber auch aktiv, wenn bisher keine Beziehung zum Opfer bestand oder wenn sie nicht persönlich war. Davon betroffen können Prominente sein, aber auch Angehörige von Berufsgruppen mit Klientenkontakt.
Verteilung der Geschlechter
Stalking ist in der Regel eine Folge persönlicher - meist intimer - Beziehungswünsche des Täters gegenüber dem Opfer. Die überwiegende Zahl der Täter ist männlich. Die meisten Opfer sind weiblich. Das ist kein Zufall.
Die biologisch-archaische Komponente des männlichen Sexualverhaltens weist dem Mann eher die drängend-werbende Rolle zu, der Frau eher die hinhaltend-wählende. So kommt es, dass Männer aus dem Selbstverständnis einer labilen Männlichkeit oder einer phallisch-ödipalen Charakterstruktur heraus dazu neigen, bei der Werbung um Liebe und Sex über das Ziel hinauszuschießen.
Die Psychologie der Stalkingopfer ragt grundsätzlich nicht aus dem Streubereich normaler psychologischer Konstellationen heraus. Das gilt besonders bei Opfern, die mit dem Täter in keiner persönlichen Beziehung stehen.
Im individuellen Fall kann die Psychologie des Opfers jedoch bedeutsam sein; dann, wenn das spätere Stalkingopfer aus unbewussten Motiven heraus bei der Partnerwahl Personen mit vereinnahmendem Bindungsverhalten bevorzugt. Wahrscheinlich gehen Menschen mit abhängigen, ängstlich-vermeidenden oder depressiven Verhaltensmustern ein erhöhtes Risiko ein, sich an vordergründig dominante Partner zu binden, die beim Versuch, sich von ihnen abzulösen, offensiv-vereinnahmend reagieren.
Das Selbstwertgefühl des Stalkers ist brüchig. Es hängt von der Bestätigung durch andere ab, besonders von der durch enge Bezugspersonen. Zurückweisung erlebt er als Entwertung. Insofern hat auch er grundsätzlich abhängige Persönlichkeitsmuster. Diese Eigenschaften treffen auf viele Menschen zu, ohne dass die meisten davon bei Zurückweisung jedoch mit dem konkreten Problemverhalten reagieren.
Zur Psychologie des Stalkers gehört darüber hinaus eine offensive Grundhaltung, die den Anderen aus narzisstischen Motiven fordernd vereinnahmt. Hinter dem Dominanzstreben des Stalkingtäters steckt oft eine unreife Selbstwertregulation, die sich des Abwehrmechanismus der projektiven Identifikation bedient. Stalker gehen davon aus, dass andere für die Besorgung ihrer Bedürfnisse zuständig sind.
Stalking kann erhebliches Leid verursachen. Je nach Aggressivität des Täters kann Stalking bei Opfern schwere psychische Symptome hervorrufen: Ängste, Anpassungsstörungen mit depressiver oder gemischt-emotionaler Symptomatik, Schlafstörungen oder Suchtmittelmissbrauch zur Dämpfung der entsprechenden Symptome. Daher ist es wichtig, sich als Opfer nachhaltig gegen die Übergriffe des Täters abzugrenzen.
Tatsächlich ist aber nicht nur das Opfer Opfer des Stalkings. Auch der Täter wird in gewissem Sinne Opfer seines Fehlverhaltens:
Dementsprechend ist es für den Täter wichtig, sein zwanghaftes Bedürfnis nach Beziehungskontrolle zu überwinden.
Als Opfer eines Stalkers können Sie folgendes tun:
Juristische Möglichkeiten
Verschiedene gesetzliche Vorschriften befassen sich mit der Abwehr von Stalkingtaten:
Leidensdruck
Wer anderen nachstellt, kann kaum glücklich sein. Oft leidet der Stalker unter dem, was ihn zur Tat motiviert; oder unter den Taten selbst. Das gilt aber nicht für jeden. Bei dissozialen oder destruktiv-narzisstischen Persönlichkeiten mit schwerer emotionaler Beeinträchtigung, kann das Gefühl der Macht, das der Kontrolle über das Opfer oder dem Triumph über dessen erkennbare Angst entspringt, jedes Leid an einem eigenen Unvermögen übertönen; wenn denn der Mut, ein solches Leid zu empfinden, überhaupt vorhanden ist.
Stalkingtäter leiden unter dem Zwang, Kränkungen ihres Selbstwertempfindens durch Manipulation und Vereinnahmung anderer abzuwehren. Dabei kann auch für den Täter ein erheblicher Leidensdruck entstehen...
Deshalb ist es für den Täter von Interesse, seine Abhängigkeit von der Bestätigung durch andere zu überwinden. Sollten Sie Stalker sein, können Sie folgendes tun:
Einsicht
Voraussetzung dafür, dass Täter ihr Fehlverhalten aus eigener Kraft überwinden, ist die Einsicht, dass es überhaupt ein Fehlverhalten ist. Diese Einsicht fehlt oft. Viele Täter sehen sich selbst als Opfer. Sie deuten ihr Verhalten dementsprechend als legitimes Mittel, sich gegen Ungerechtigkeit zur Wehr zu setzen. Dann wird Selbsthilfe kaum möglich sein. Das gilt erst Recht, wenn das Motiv des Stalkings einem Liebeswahn entspringt. Die psychologische Dynamik des Wahns verhindert Einsicht oft grundsätzlich.
Nicht immer sind Trennungen einvernehmlich. Es kommt vor, dass verbitterte Frauen den Rosenkrieg über das Besuchsrecht der Kinder austragen. Sie finden Vorwände, Besuchsregelungen auszuhebeln. Sie drängen die Kinder, sich von ihren Vätern zu distanzieren.
So manch ein Vater, der sich aus einem so wichtigen Teil seines Lebens wie der Vaterschaft ausgebootet sieht, reagiert mit drängenden Gegenmaßnahmen. Er versucht den Kontakt zu erzwingen. So läuft er Gefahr, als Stalker verdächtigt zu werden, obwohl er eher Opfer missbräuchlicher Beziehungsmanöver vonseiten seiner ehemaligen Partnerin ist.
Und dann ist auch das noch möglich...
Nicht jeder verlassene Vater interessiert sich nur oder überhaupt für seine Kinder. So mancher versucht, das Besuchsrecht als Einfallstor zu missbrauchen, um Zugriff auf seine Ex-Partnerin zu bekommen.
Das persönliche Umfeld des Opfers hat wichtige Funktionen.
Auch für den Täter ist das Umfeld wichtig. Je mehr tragfähige Beziehungen vorhanden sind, desto eher wird er Zurückweisungen verkraften und sein Fehlverhalten einstellen.