Ein bisschen Misstrauen ist da schon. Aber es hält sich im üblichen Rahmen. Meist meint man ja, paranoide Sichtweisen seien etwas seltenes. Man meint, sie kämen nur bei sehr kranken Menschen vor, bei denen, die unter Psychosen litten oder unter einer paranoiden Persönlichkeitsstörung; und der Durchschnittsbürger sei nicht betroffen. Sieht man genauer hin, erkennt man, dass fast jeder leicht paranoide Muster einsetzt.
Sehr verbreitet ist auch bei uns Normalen die Projektion negativer Selbstanteile auf andere. Je weiter die anderen weg sind, desto leichter fällt es, ihnen Schlechtigkeiten zu unterstellen. Meist tun wir das, wenn wir unser Selbstwertgefühl bedroht sehen. Zum einen reinigen wir unser Selbstbild durch die Entsorgung der zweifelhaften Eigenschaft aufs Nachbargrundstück, zum anderen erzeugen wir durch die Abwertung der anderen einen verschärften Kontrast, durch den wir selbst zumindest moralisch überlegen erscheinen.
Üblich ist auch die projektive Identifikation. Statt sich einzugestehen, dass man ein Leid der eigenen Unzulänglichkeit zu verdanken hat, schiebt man die Verantwortung anderen Leuten oder allgemeinen Missständen zu. Wer dieses Abwehrmuster anwendet, unterstellt, dass anderen die Aufgabe zukommt, für sein Wohl zu sorgen. Tun sie es nicht, reagiert er mit Groll, Vorwurf und der Ansicht, dass das säumige Gegenüber als Gegner zu betrachten ist.