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Seele und Gesundheit |
Wohlgemerkt
Mit Entpersonalisierung ist keine Depersonalisation gemeint.
Wir leben im Zeitalter personalisierter Medieninhalte. In einer Zeitung steht für alle dasselbe. Anders, wenn man ins Netz geht. Jeder Computer kann anhand seiner MAC-Adresse identifiziert werden. Jedes Mobilgerät wird durch eine Werbe-ID gekennzeichnet, die dabei hilft, ein Profil des Benutzers zu erstellen, indem sie dessen Aktivitäten im Netz und seine Bewegungen in der analogen Welt observierbar macht. Im harmlosen Fall führt das zu personalisierter Werbung.
Macht mit Hin- und Rückflug ab Düsseldorf zusammen 2956,23 Euro. Wenn Sie zur Pizza noch ein Sparkeling Pellegrino Water bestellen, kommen 3,56 $ dazu.
Das hört sich erst 'mal harmlos an. Schließlich kann man auf den Sprudel locker verzichten. Personalisierte Werbung personalisiert im nächsten Schritt jedoch auch andere Medieninhalte. Man will ja, dass Sie auf Angebote klicken, damit der Werbefilm startet. Da macht es Sinn, Ihnen anzubieten, was Sie vermutlich zum Klicken verlockt. Wie wäre es mit einem YouTube-Video, das Ihre politischen Sichtweisen bestätigt; die der Große Bruder längst ausgekundschaftet hat, weil er seit Jahren überwacht, welche Videos Sie am liebsten kucken und welche Nachrichten auf Ihrer Hitliste stehen? Wir sind nun mal so: Wir werden gerne bestätigt. Wir mögen es, wenn einer kommt und sagt: Du hast Recht.
Anders als durch eine Zeitung oder ein Buch, bekommt niemand im Netz die gleichen Informationen wie ein anderer zugestellt. Informatorisch wird der Einzelne in einen auslesbaren Interessenshorizont gelenkt, um ihn dergestalt besser steuern zu können. Im Regelfall fällt das niemandem auf. Es passiert ganz einfach.
Die Personalisierung ist jedoch nichts, was die Freiheit des Menschen erst seit der Erfindung des Internets beschränkt. Personalisiert wird der Mensch seit Menschengedenken und der Täter, der dahintersteckt, ist diesmal weder ein Tech-Konzern noch eine politisch motivierte Hackerbande. Der Täter ist ein biologischer Computer, der Ihre Aktivitäten überwacht und durch personalisierte Inhalte steuert. Der Täter ist Ihr Gehirn.
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass das Repertoire Ihrer Gedanken beständig um einen bescheidenen Ausschnitt möglicher Themen kreist? Nämlich jene, die für Ihre Person von Bedeutung sind. Haben Sie schon einmal zu meditieren versucht? Dann haben Sie gewiss festgestellt, dass sich auf dem Schirm Ihres Bewusstseins ständig unerwünschte Pop-Up-Fenster öffnen, die Sie nicht herbeigerufen haben. Und gewiss haben Sie festgestellt, dass die Pop-up-Fenster Ihre Aufmerksamkeit so raffiniert auf sich ziehen, dass ihre Sogkraft die aufdringlichsten Werbebanner im Netz problemlos übertrifft.
Biologisch betrachtet macht diese Hirnaktivität Sinn.
Stellen Sie sich vor, es wäre anders. Sie bekämen nicht immer das gleiche Bündel bekannter Bewusstseinsinhalte präsentiert, sondern ständig andere. Statt sich an Beziehungsepisoden mit einer Mutter zu erinnern, erinnerten Sie sich in buntem Reigen an fünfzig. Statt über die Probleme an einem Arbeitsplatz zu grübeln, dächten Sie über tausend nach. Was wäre das Resultat? Sie wüssten nicht mehr, wer Sie sind. Sie könnten sich keiner bestimmten Person mehr zuordnen.
Dass Ihnen das Gehirn ständig Inhalte anbietet, die Sie sowieso schon kennen, stellt sicher, dass Sie wissen, in welcher Person Sie zuhause sind. Ohne dass Ihr Gehirn Ihr Bewusstsein personalisierte, wäre die Vertretung persönlicher Interessen ein gar schwieriges Ding.
Biologisch macht die Personalisierung des Bewusstseins absolut Sinn. Der biologische Zweck eines einzelnen Exemplars liegt im Versuch, seine Gene an die nächste Generation zu übertragen. Dazu muss es seine Absichten in den Vordergrund stellen, seinen Rang in der Horde verbessern und beweisen, dass es Rivalen überlegen ist. Ohne ein Ego, das von allem absieht, was seinen Zielen nicht dient, wird daraus nichts.
Wenn der Mensch damit zufrieden ist, bloß das Tier zu sein, dessen Körper ihm die Natur auf den Leib geschneidert hat, kann er ergeben im Horizont jener Person, die diesen Körper ihr Eigen nennt, seinen Zweck erfüllen. Allein: Kaum ein Mensch ist mit einer solchen Existenz zufrieden. Nicht wenige wollen sogar kategorisch höher hinaus; da die Existenz im Horizont der eigenen Person mehr Strapaze als Vergnügen ist.
Hier setzen meditative Techniken ein. Deren Ziel ist es, die Personalisierung des Bewusstseins aufzuheben. Um das zu ermöglichen, bedarf es genauer Beobachtung. Ein Adept, der nach mehr Freiheit jenseits des Ausschnitts sucht, muss dreierlei:
Geeignet dazu ist die Introspektion. Ein Booster der Introspektion ist die Meditation. Wenn Sie den Zugang zu sich selbst freischalten wollen, müssen Sie zweierlei: