Das Leben straft uns, wenn wir übereifrig dienen. Man muss es nicht dafür schelten, dass es uns nicht zu Dienern erziehen will. Es wünscht sich, dass wir aufrecht gehen.

Zuweilen hilft es mehr, Hilfe zu verweigern, als sie zu gewähren.

Empfinden Sie verdeckten Ärger, wenn Sie helfen? Dann helfen Sie vermutlich an der falschen Stelle oder auf die falsche Art.

Glauben Sie, Sie sind zu gut für diese Welt? Dann sollten Sie sich selber mehr Beachtung schenken.

Gut heißt passend. Passendes verbindet. Verbindung schafft Nähe. Nähe kann beengend sein.

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Helfersyndrom: deutlich ausgeprägt

Es könnte gut sein, dass Sie ein Beziehungsmuster praktizieren, das um­gangssprachlich als Helfersyndrom bezeichnet wird. Das Helfersyndrom ist eine psychologische Ausrichtung, die spezifische Strategien benutzt um eigene Bedürfnisse verdeckt zu besorgen. Im Gegensatz zu dem, der bei Gelegenheit hilfsbereit ist, der bei anderer Gelegenheit seine Hilfsbereit­schaft aber zu zügeln weiß, ist die Hilfsbereitschaft beim Helfersyndrom zwanghaft.

Zur Ursache der zwanghaften Hilfsbereitschaft gehören Selbstwertzweifel und fehlender Mut, offen um die Güter des Daseins zu konkurrieren. Der zwanghafte Helfer wähnt sich so sehr auf die Bestätigung durch andere angewiesen, dass er sich aktiv in deren Bedürfnisse hineinversetzt, um sich durch die Erfüllung fremder Bedürfnisse Lob, Anerkennung, Einbindung und Zuwendung zu sichern. Sein Bedürfnis nach Zugehörigkeit wird so zwar be­friedigt, die Erfüllung anderer Bedürfnisse bleibt jedoch auf der Strecke; denn auch wenn der zwanghafte Helfer überzeugt ist, dass er sich durch seine Tugend Anspruch auf eine entsprechende Gegenleistung erwirbt, sorgt das Leben dafür, dass er mit seiner Methode oft den Kürzeren zieht.

Tugend ist ein wichtiges Stichwort. Anderen Gutes zu tun, wird wohl kaum jemand als Untugend bezeichnen. Die Tugend des zwanghaften Helfers wird jedoch erst durch die Selbstwertzweifel, zu deren Beseitigung sie dient, über das übliche Maß hinaus gestei­gert. Wer hilft, verkörpert zwei Eigenschaften, die dem Selbstwertgefühl Auftrieb ge­ben: Güte und Können.

  1. Wer hilft, ist gut.
  2. Wer helfen kann, muss dazu fähig sein. Der Helfer ist jemand, der etwas kann und er kann es besser als der, dem er hilft.
Beim vollgültigen Helfersyndrom ist der Helfer nicht wählerisch. Er hilft allen und jedem, der sich der Hilfsbedürftigkeit verdächtig macht oder ihre Signale für sich zu nutzen weiß. Überschießende Hilfsbereitschaft ist zuweilen auch selektiv; zum Beispiel gegenüber der eigenen Brut. Dort kommt der zwanghafte Versuch, Bindung zu festigen, als Überfürsorglichkeit vor. Überfürsorglichkeit ist eine fragwürdige Hilfe auf dem Weg ins Leben, weil sie das Kind auf dessen Härten nicht vorbereitet.

Wessen Tugend und Können das umgebende Maß überragt, kann nicht minderwertig sein. Beide Eigenschaften möglichst umfassend zu verkörpern, erscheint daher als unfehlbare Strategie, um Zweifel am eigenen Wert aus der Welt zu schaffen. Gäbe es da nicht zwei Tatsachen, die das Selbstwertgefühl zugleich auf Talfahrt schicken:

  1. Wer stets fremden Bedürfnissen dient, der dient, und wer dient, steht nun mal nicht oben. Er kann zwar hoffen, dass die Letzten dereinst die Ersten sein werden, Gewissheit, dass die Rechnung aufgeht, gibt es aber nicht.
  2. Wer Hilfe vorauseilend anbietet, begegnet nicht nur wahrhaft Hilfsbedürftigen. Er lockt auch Profiteure an. Mehr noch: Er züchtet sie. Die Dynamik zwischen den Anbietern und den Abnehmern des Guten ähnelt der zwischen den Anbietern und den Abnehmern von Gütern. Das Angebot schafft Nachfrage. Vor der Erfindung des Smartphones kam die Menschheit ohne es aus. Heute ist es für Millionen schier unentbehrlich. Der zwanghafte Helfer schafft mit seinem Angebot die Bedürftigkeit nicht aus der Welt. Er fördert sie. Der Helfer erlebt sich als Hamster im Rad. Er müht sich in der Sache ab und kommt, gerade weil er sich abmüht, doch nicht ans Ziel.

Das Helfersyndrom ist keine offizielle Diagnose. Enge Beziehungen bestehen zu einem Muster, das die Psychiatrie als depressive Persönlichkeitsstruktur bezeichnet. Wenn Ihre Antworten im Test Sie auf diese Seite führten, ist es wahrscheinlich, dass Sie auch im Test auf depressive Verhaltensmerkmale eine hohe Punktzahl erreichen.

Was Sie tun können, um Ihre Lebensqualität zu verbessern, ist das Gleiche, was man einem stark depressiv-strukturierten Menschen raten kann.