Vielleicht sind Sie nur ehrlicher als viele. Vielleicht sind Sie nur nüchterner als andere und gestehen sich Untugenden ein, die viele an sich selbst verleugnen. Oder aus Trotz gegen ermüdende Aufrufe zu Tugendhaftigkeit und Nächstenliebe, die aus tausend Mündern zu hören sind, stellen Sie Ihr Verhalten schwärzer dar, als es tatsächlich ist.
Wie dem auch sei: Der Test ordnet Ihnen eine moderate Beimischung dissozialer Verhaltensweisen zu. Wohlgemerkt: Wenn von moderater Beimischung die Rede ist, heißt das nicht, dass man Ihnen eine dissoziale Persönlichkeitsstörung unterstellen müsste. Es sieht aber so aus, als ob Sie dem sogenannten gesunden Egoismus, der dem menschlichen Verhalten normalerweise anhaftet, mindestens so viel freien Lauf lassen wie andere auch.
Hand aufs Herz
Beim Begriff dissozial schwingt im Gegensatz zu anderen Begriffen, die zur Beschreibung von Persönlichkeitsmustern verwendet werden, eine moralische Bewertung mit. Depressive mögen depressiv sein, Zwanghafte zwanghaft und Schizoide schizoid, man hält sie daher aber nicht für böse. Beim Dissozialen ist das anders. Sein Muster - Rücksichtslosigkeit - empfindet man weniger als krank und vielmehr als verwerflich.Da das Normalverhalten des Menschen aber auf einem egozentrischen Selbstbild beruht, sind mehr oder weniger rücksichtslose Entscheidungen zum eigenen Vorteil, also solche, die die Interessen anderer ignorieren, weit verbreitet. Wer frei davon ist, werfe den ersten Stein.
Indem der Dissoziale einen Aspekt der Normalität auf die Spitze treibt, macht er sich zum schwarzen Schaf, mit dem niemand in der Herde in Verbindung gebracht werden will. Daher spricht man leichten Herzens von depressiven Anteilen, die man hat, von hysterischen oder gar von paranoiden. Hat man aber jemals gehört, dass jemand von seinen dissozialen Anteilen sprach? Niemand meint, so etwas zu haben. Fast jeder täuscht sich.
Beim Betreiben des eigenen Vorteils mag es nur wenige geben, bei denen sich keinerlei Skrupel in der Seele regt, wenn sie den Opfern ihres Treibens direkt in die leidenden Augen schauen. Wie leicht ist es aber, Blickkontakt zu vermeiden, sich passende Gründe zurechtzulegen oder die eigennützige Komponente hehrer Entscheidungen zu übersehen?
Ein typisches Abwehrmanöver der Dissozialität ist die Rationalisierung. Dabei werden gute Gründe vorgebracht, die einem Verhalten nachträglich Wert und Sinn verleihen.
Warum spenden Sie nichts für Hungernde in Afrika? Das Geld wandert sowieso nur in die Taschen korrupter Minister.
Je mehr solcher Fragen Sie mit Ja beantworten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Rücksichtslosigkeit auch gegen Sie selbst vorgeht: indem sie tiefere Bedürfnisse als den momentanen Gewinn übergeht. Schauen Sie besser hin. Rücksicht lohnt sich nicht nur für die, die an den Lohn im Himmel glauben. Gemeinschaft hat einen Nutzen, der handfesten Gewinn übersteigt.